Ständeklausel
Ständeklausel: Zuordnung von Figuren bestimmter Stände auf Dramentypen, legitimiert durch die Verknüpfung
   von dargestellter Thematik und entsprechendem Sprachniveau.
Die Ständeklausel ist eine zentrale Norm der Dramentheorie, sie ordnet Figuren des
   Adels der Tragödie, der unteren Stände hingegen der Komödie zu. Als Legitimation gibt
   es einerseits die Forderung, hohe Figuren nicht in unwürdigen Situationen zu zeigen,
   andererseits die Forderung nach Angemessenheit der Darstellung und des Sprachniveaus
   zum Gegenstand. Entsprechend können eben nur hohe Figuren mit entsprechendem 
   
      Pathos
      
         Pathos
In der Tragödientheorie die Abschnitte des Dramas, die durch die Darstellung von Tod
            und schwerem Leid im Zuschauer die Affekte von Jammer, Schauder, Furcht und Mitleid
            auslösen.
       
     tragische Konflikte abhandeln, während niedere Figuren in der Komödie agieren.
Historisch findet sich die Forderung nach einem Helden von hohem sozialem, moralischem
   und ggf. auch geschichtlichem Niveau schon bei Aristoteles, wobei der Begriff der
   Ständeklausel erst im 20. Jahrhundert belegt ist. Über die Lehre von der Angemessenheit
   des Sprachstils (Aptum, Drei-Stil-Lehre) wird eine prototypische Verknüpfung von hohem
   Adel mit der Tragödie und niederem Adel bzw. Bürgern mit der Komödie etabliert, die
   immer wieder auch durch die Koppelung von Moral und Stand unterlegt wird.
Im 18. Jahrhundert brechen diese Zuordnungen auf, denn einerseits verlagert sich der
   Konflikts in der Tragödie vom Politischen (Haupt- und Staatsaktion) weg und zum Privaten
   und Familiären hin, andererseits kehrt sich auch die moralische Zuordnung um, so dass
   die positiven Figuren des bürgerlichen Trauerspiels aus den Schichten des unteren
   Adels oder Bürgertums stammen und gerade durch Figuren des Adels bedroht werden. Lessings
   Emilia Galotti führt diese Umkehrung exemplarisch vor.
Spätere Konzeptionen der Tragödie und des Dramas zeigen dann auch Bürger und Arbeiter
   in entsprechenden Konflikten bzw. negieren die Kategorie des Tragischen überhaupt,
   so dass es nicht mehr angemessen ist, für diese Dramatik mit dem Begriff der Ständeklausel
   operieren zu wollen.
© Martin Huber, Elisabeth Böhm / Letzte inhaltliche Änderung am: 09.09.2007