Akt: Dominierende Gliederungseinheit im Drama, welche räumliche und inhaltliche Strukturierung
gewährleistet. Der Akt lässt sich weiter untergliedern in Szenen oder Auftritte.
Antagonist: Gegenspieler des Protagonisten, als Kontrast gegen diesen konzipiert und ihm in der
Figurenkonstellation gegenübergestellt.
Auftritt: Den Akt unterteilende Gliederungseinheit des Dramas, die das Geschehen zwischen zwei
Personenwechseln bezeichnet.
Authentizitätspostulat: Forderung nach möglichst realer Gestaltung und Präsentation der Handlung, um die größtmögliche
Realitätsillusion zu erzeugen.
Boten: Funktionsfiguren, die Nachrichten von weiter entfernt gedachten Orten zum Bühnengeschehen
bringen.
Botenbericht: Fiktionsinterne sprachliche Darstellung eines zum Zeitpunkt der Präsentation vergangenen,
für die Haupthandlung bedeutenden Ereignisses.
Chor: Eine Gruppe von Sprechern im Drama, die nur als Kollektiv spricht
Couplet: Pointiert-witziges Lied mit stets identisch wiederholtem Kehrreim.
Deus ex machina: Unvorbereiteter Auftritt eines Gottes im griechischen Drama, der oft mit Hilfe von
speziellen Maschinen der Bühnentechnik inszeniert wurde und der eine Aporie der dramatischen
Handlung lösen kann.
Dialog: Wechselrede der Figuren, das Gespräch im Drama.
Diener/Vertraute: Eine der Hauptfigur ständisch und dramaturgisch untergeordnete Figur, die für
jene nicht nur Aufgaben erfüllt, sondern auch als Gesprächspartner fungiert, dem
Gedanken, Gefühle und Motivationen anvertraut werden können.
Drei Einheiten: Unter den drei Einheiten versteht man die Einheit des Ortes, der Zeit und der Handlung,
die von klassizistischen Theoretikern in Berufung auf die aristotelische Poetik als
Norm etabliert wurden.
Epilog: Der eigentlichen Dramenhandlung folgendes, deutlich abgegrenztes Nachwort, das eine
zwischen Dramentext, Autor und Publikum vermittelnde Position einnehmen kann.
Exposition: Die Exposition vermittelt, idealtypisch am Anfang des Dramas, vor dem ersten situationsverändernden
Handlungsmoment, das Wissen um die in der Vergangenheit liegenden und die Gegenwart
bestimmenden Voraussetzungen und Gegebenheiten, auf denen die folgende konflikthafte
Handlung beruht.
Fallhöhe: Kategorie der Dramentheorie, die besagt, dass der Fall eines Helden umso eindringlicher
empfunden wird, je höher sein sozialer und moralischer Rang vorher war.
Figurenkonstellation: Verhältnis und Stellung aller Figuren eines Dramas zueinander wird als Figurenkonstellation
beschrieben.
Figurenrede: Die von einer bestimmten Bühnenfigur gesprochenen Worte.
Fiktionsbrechung: Jegliche Aktion der Schauspieler und des Chores, die gegen die Ordnung der eingeführten
Illusion gerichtet ist und so diese als solche entlarvt.
Fiktionsbrechung: Verlassen der eigentlichen Fiktionsebene, um die theatrale Kommunikationssituation
und ihre konstituierenden Merkmale zu thematisieren.
Geschlossene Form: Im idealtypischen Drama der geschlossenen Form sollten die Einheit des Ortes,
der Zeit und der Handlung eingehalten werden, der Aufbau nach dem symmetrischen
Schema Exposition, Steigerung, Höhe-/Wendepunkt, Verzögerung, Katastrophe gestaltet
sein und den strengen Regeln der Personenverteilung gehorchen sowie die
Ständeklausel eingehalten werden und damit
der hohe Redestil etabliert sein. Außerdem sollte die Fabel auf transparente Weise
ein ideelles Problem darstellen.
Hamartia: aristotelischer Begriff, Fehler des Helden, der zur dramatischen Verwicklung führt.
Hanswurst: Figur des Barocktheaters, vor allem bei Wanderbühnen beliebt. Der Hanswurst (oder
Pickelhering) bringt ein komisches Element in die sonst tragische Handlung.
Hauptfiguren: Die zentralen Figuren des Dramas, um die sich die Haupthandlung dreht, bzw. die aktiv
und selbständig agieren und die entsprechend die größten Textanteile haben.
Haupttext: Der von den Schauspielern als Figuren auf der Bühne gesprochene Text des Dramas.
Höhe-/Wendepunkt, Peripetie: Dramatisches Handlungselement, das den Höhepunkt der Spannungskurve markiert. Der
dramatische Konflikt wird im Prinzip schon hier entschieden, da die Handlung ihre
entscheidende Wendung erfährt.
Informationsvergabe: Terminus der Dramenanalyse zur Beschreibung der Möglichkeit, dem Zuschauer über Haupt-
und Nebentext Wissen über den Fort- und Ausgang der Handlung zukommen zu lassen.
Intrige: Das eine Handlung konstituierende Komplott.
Katastrophe: Tragisches Ende des Dramas mit dem Tod mindestens eines Protagonisten.
Kausalität: Eine Bühnenhandlung verfügt dann über Kausalität, wenn sich nach rationalen Überlegungen
die Konsequenzen logisch aus den Taten ergeben.
Lyrische Einlage: In lyrischen Versmaßen gestalteter, meist monologischer Abschnitt im Drama, der als
zitierte Kunst eine reflexive Funktion einnimmt.
Monolog: Selbstgespräch einer Bühnenfigur, hauptsächlich auf die sprechende Person, ihre Situation
und ihren Konflikt abzielend, dabei nicht an andere Bühnenfiguren adressiert.
Motivierung: Die sichtbaren und unsichtbaren, psychologischen oder gesellschaftlichen, formalen
und strukturalen Gründe für das Handeln einer Figur und die Entwicklung der Dramenhandlung.
Nebenfiguren: Den Hauptfiguren zur Seite gestellte Figuren, die oft eher einen
dramaturgischen Zweck erfüllen als persönlich plastisch zu werden.
Nebentext: Der Textteil des Dramas, der von den Figuren nicht gesprochen wird und der vor allem
der Steuerung der Aufführung dient.
Offene Form: Gegenmodell zur geschlossenen
Form und daher „ex negativo“ bestimmt bzw.
in bewusster Differenz zu dieser gestaltet. Die Forderung nach einem
voraussetzungslosen Anfang und einem endgültigen Ende wird somit negiert. Das
Drama
bildet nicht mehr ein geschlossenes, hierarchisch organisiertes Ganzes, sondern
stellt ein Ensemble von Einzelsequenzen dar.
Parabase: Direkte Wende einer Bühnenfigur an das Publikum.
Pathos: In der Tragödientheorie die Abschnitte des Dramas, die durch die Darstellung von Tod
und schwerem Leid im Zuschauer die Affekte von Jammer, Schauder, Furcht und Mitleid
auslösen.
Prolog: Der eigentlichen Dramenhandlung vorgelagerte, deutlich markierte Vorrede, die
der Ankündigung, Erläuterung und Ausdeutung dienen kann.
Retardierendes Moment: Verzögerung der Katastrophe, da kurzzeitig ein untragischer Lösungsansatz aufscheint,
der sich jedoch als nur scheinbar entpuppt.
Song: besondere Form des Liedes, im dramatischen Kontext von Brecht für das epische Theater
funktionalisiert.
Ständeklausel: Zuordnung von Figuren bestimmter Stände auf Dramentypen, legitimiert durch die Verknüpfung
von dargestellter Thematik und entsprechendem Sprachniveau.
Steigerung: Nach der Darlegung der Ausgangssituation wird die dramatische Handlung in Gang gesetzt
durch die entscheidenden Handlungen von Protagonist und/oder Antagonist.
Stichomythie: Zeilenrede, Dialog, dessen Repliken sich jeweils genau über eine Zeile erstrecken
und die inhaltlich dem vorherigen diametral widersprechen.
Szene: Den Akt unterteilende Gliederungseinheit des Dramas, die das Geschehen zwischen zwei
Schauplatzwechseln bezeichnet.
Teichoskopie: Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen,
jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem
Ereignis.
Theater auf dem Theater: In der Dramenhandlung verankertes Schauspiel auf der Bühne, das für diese deutende,
kommentierende oder selbstreferentielle Funktion übernehmen kann.
Theater auf dem Theater: In die umfassende Bühnenhandlung eingebettete theatrale Einlage, die als Theaterspiel
nicht nur dem Publikum, sondern auch einigen Bühnenfiguren präsentiert wird, wobei
andere Bühnenfiguren als Schauspieler agieren.
V-Effekt: Der Verfremdungs-Effekt ist ein spezifisches Mittel des epischen Theaters, das gezielt
gegen eine identifikatorische Rezeption einer in sich geschlossenen Illusion antritt.
Vertrautenrede: Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles
Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über
Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.
Emendatio: Lat.: Verbesserung („Heilung“) eines offenbar verderbten Textes
(sog. Korruptele).
Fassungen: Ausführungen eines Werkes, die voneinander abweichen (vollendet oder unvollendet).
Sie sind durch Textidentität aufeinander beziehbar, durch Textvarianz voneinander
unterscheidbar.
Interpretation: Werden unterschiedliche Lesarten zu einem Text in eine besondere Verständigungssituation
über Literatur eingebracht (etwa für den Schulunterricht, für literaturwissenschaftlichen
Veranstaltungen), so können (oder sollen) sie ‚intersubjektiv‘ begründet und miteinander
vermittelt werden – mit dem Ziel, eine besonders bedachte und gegebenenfalls expertenhaft
organisierte Lesart zu entwickeln: eine Interpretation.
Lektüre: Das Ergebnis eines ‚spontanen‘, freilich nicht voraussetzungslosen Lesevorgangs (bezogen
auf einen literarischen Text) wird oft auch als eine Lektüre bezeichnet: In der Lektüre
wird dem gelesenen Text [s.o.] ‚Bedeutung‘ zugewiesen.
Lesart: Eine schriftlich festgehaltene Lektüre eines literarischen Textes könnte als Lesart
dieses Textes benannt werden - als eine reflektierte Lektüre, die sich zumeist auf
einen mehrfachen Lesevorgang stützt. Einer solchen Lesart können andere (durch individuelle
Lesevorgänge bestimmte) Lesarten gegenübergestellt werden.
Lyrik als Gattung: Diejenige literarische Gattung, die alle Gedichte umfasst. Jedes Gedicht hat per definitionem
die folgenden beiden Eigenschaften:Es ist eine mündliche oder schriftliche Rede in
Versen, ist also durch zusätzliche Pausen bzw. Zeilenbrüche von der normalen rhythmischen
oder graphischen Erscheinungsform der Alltagssprache abgehoben.Es ist kein Rollenspiel,
also nicht auf szenische Aufführung hin angelegt.
Textanalyse, Deskription: Um die Beliebigkeit von Interpretationen zu begrenzen und ihren Anspruch auf Wissenschaftlichkeit
zu begründen, werden ihnen Textanalysen vorgeschaltet. Textanalysen stützen sich auf
Lesarten; sie reflektierten und ergänzen diese Lesevorgänge durch die intersubjektiv
vermittelbaren Schritte der Deskription (des gelesenen Textes) und der Strukturierung
des Beschriebenen, des Anlegens von ordnenden Mustern.
Akatalektisch: (Gr. ›nicht [vorher] aufhörend‹) Bezeichnung für Verse mit ungekürztem letztem Versfuß.
akcentnyj stich: (Russ. ›Akzentvers‹.) Untergruppe der Verse mit Füllungsfreiheit. Die Anzahl der nicht-prominenten
zwischen den prominenten Silben variiert zwischen 0 und mehr als 3.
Alliteration: Lautliche Übereinstimmung der Anfänge von zwei oder mehr akzentuierten Silben.
Amphibrachys: (Griech. ›auf beiden Seiten kurz‹.) Dreisilbiger Versfuß der Form v – v.
Anapäst: (Griech. ›Zurückprallender‹.) Dreisilbiger Versfuß der Form v v –.
Assonanz (auch: Halbreim): Lautliche Übereinstimmung zweier oder mehrerer Wörter im Text, die nur die Vokale
betrifft (üblicherweise ab der letzten betonten Silbe).
Auftakt/Anakrusis: Metrisch-rhythmische Gestaltung des Versanfangs (Versgrenzen).
Choriambus: Viersilbiger Versfuß der Form - v v -.
Daktylus: (Griech. ›Finger‹, wohl mit Bezug auf die Dreigliedrigkeit.) Dreisilbiger Versfuß
der Form – v v.
Diärese: Pause im Inneren der Verszeile, bei der Kolon- bzw. Wortgrenze einerseits und Versfußgrenze
andererseits (Versfüße) zusammenfallen.
Dol'nik: (Von Russ. dolja - Teil.) Untergruppe der primär auf regelmäßiger Hebungszahl beruhenden
Verse. Die Anzahl der nicht-prominenten zwischen den prominenten Silben variiert zwischen
1 und 2.
Einzelvortrag: konkrete sprachliche Präsentation eines Verstextes, in der sich der Sprecher möglicherweise
an einem Vortragstyp orientiert, die aber dennoch eine individuelle Interpretation
des Rhythmus der Einzelverse darstellt.
Endecasillabo: Ital. ›Elfsilbler‹.) Wichtigste Versform in der italienischen Dichtung. Vorgeschrieben
ist die Silbenzahl (11silbig), das Vorhandensein von zwei starken Hebungen (›Haupttöne‹,
einer davon fest auf der 10. Silbe, der zweite beweglich, und zwar meist auf der 4.
oder 6. Silbe), eine Zäsur nach der beweglichen Hebung und Endreim am Versausgang.
Endreim: Lautliche Übereinstimmung zweier Wörter mindestens ab dem letzten betonten Vokal.
Gebundene vs. ungebundene Verse: primäre interne Differenzierung des Gegenstandsbereichs der Versifikation nach dem
Umfang der rhythmischen Regelmäßigkeit.
Hebung: Durch das metrische Schema nach Anzahl und/oder Position festgelegte prominente Silbe
im Vers (Silbenprominenz). – Hebungen können im konkreten Verstext und im Vortrag
‚realisiert’, d.h. sprachlich umgesetzt werden, dies ist aber keinesfalls zwingend
(Rhythmus des konkreten Einzelverses; Einzelvortrag).
Hebungszahl: Horizontales Anordnungsprinzip, bei dem die Regulierung auf der identischen oder sich
regelmäßig wiederholenden Anzahl der Hebungen pro Vers beruht.
Hyperkatalektisch: Hyperkatalektisch: (Gr. ›über die Grenze hinausgehend‹.) Bezeichnung für Verse, deren
Ende (Kadenz) über den letzten Versfuß hinaus durch zusätzliche Senkungen bzw. nicht-prominente
Silben verlängert wird.
Jambus: (Griech. ›Sprung‹.) Zweisilbiger Versfuß der Form v –.
Kadenz/Versausgang: Metrisch-rhythmische Gestaltung des Versendes (Versgrenzen).
Katalektisch: (Gr. ›aufhörend‹.) Bezeichnung für die Verkürzung eines Versfußes um eine oder zwei
Senkungen. Katalexe tritt in erster Linie am Versende auf, aber auch vor metrisch
festgelegten Pausen im Versinneren, z.B. im 3. Versfuß des Pentameters.
Lautliche Übereinstimmung: Lautliche Übereinstimmung: Eine der vier Verskonstituenten. Nach Anzahl und/oder Position
regulierte Wiederholung von Phonemen oder Phonemgruppen im Verstext. Die Lautwiederholung
betrifft in der Regel den Wortanfang (Alliteration/Stabreim) oder das Wortende (Assonanz,
Endreim).
Metrische Notation: Konventionalisierte Form der schriftlichen Fixierung von Metrum
und Rhythmus
eines Textes.
Metrischer Typ: Systematisch beschreibbare Realisierungsform des abstrakten metrischen Schemas.
Metrische Typologie: Klassifikation zur möglichst einfachen und zugleich trennscharfen Beschreibung und
Unterscheidung verschiedener Vers- und Gedichtformen.
Pause: Eine der vier
Verskonstituenten
. Position im Vers, an welcher der Artikulationsvorgang unterbrochen wird.
Prosodie: (Griech: ‚Dazugesungenes') Lautübergreifende sprachliche Phänomene, wie Akzent, Intonation,
Pause. Unter der Perspektive der Metrik enthält die Prosodie die Regeln für das Material
bzw. die Konstituenten des Versbaus (Verskonstituenten), insbesondere für die Bestimmung
der Silbenprominenz und des Endreims.
Rhythmische Prosa: Fließtexte ohne bewusste Segmentierung und doppelte Gliederung (Vers), die auffällige,
aber unregelmäßige Wiederholungsfiguren aufweisen (z.B. Alliterationen und Endreime,
syntaktischen Parallelismus oder metrische Bausteine). Vgl. Zhirmunsky 1966 und Rehder
1978.
Rhythmus des konkreten Einzelverses: Rhythmus des konkreten Einzelverses: Jeder einzelne Text in gebundenen Versen basiert
auf einem metrischen Schema. Seine konkrete rhythmische Gestalt ist damit jedoch niemals
deckungsgleich: Einerseits werden häufig nicht alle im metrischen Schema vorgesehenen
Wiederholungsstrukturen durch die sprachliche Realisierung des Einzelverses umgesetzt.
Damit wird zunächst Monotonie (‚Klappern') vermieden; vor allem aber kann so eine
Spannung zwischen Metrum und Rhythmus aufgebaut werden, mit deren Hilfe bestimmte
Textteile hervorgehoben und für den Leser als wichtig markiert werden können. Andererseits
können konkrete Verstexte aber auch zusätzliche, d.h. über die Vorgaben des metrischen
Schemas hinausgehende Wiederholungsstrukturen aufweisen (z.B. regelmäßige Platzierung
von Wortgrenzen, Alliterationen usw.).Des Weiteren ist im metrischen Schema die Qualität
bzw. Intensität der Wiederholungsstrukturen immer nur pauschal geregelt – hier findet
im konkreten Einzelvers notwendigerweise eine Individualisierung statt (z.B. in Bezug
auf die Hebungsstärke, Pausenlänge, Reimqualität).
Senkung: Durch das metrische Schema nach Anzahl und/oder Position festgelegte nicht-prominente
Silbe im Vers (Silbenprominenz). – Senkungen können im konkreten Verstext und im Vortrag
‚realisiert’, d.h. sprachlich umgesetzt werden, dies ist aber keinesfalls zwingend
(Rhythmus des konkreten Einzelverses; Einzelvortrag).
Silbe: Eine der vier Verskonstituenten. Kleinste lautübergreifende sprachliche Einheit.
Silbenprominenz: Eine der vier Verskonstituenten. Für Verse bedeutsame Differenzierung der Silben in
prominente (schwere) und nicht-prominente (leichte).
Silbenzahl: Horizontales Anordnungsprinzip, bei dem die Regulierung auf der identischen oder sich
regelmäßig wiederholenden Anzahl der Silben pro Vers beruht.
Spondeus: (Griech. ›zum Trankopfer gehörig‹) in der antiken Metrik rhythmische Variante von
drei und zweisilbigen Versfüßen, bestehend aus zwei Längen: – –.
Strenger Knittelvers: Episch-dramatisches Metrum der deutschen Dichtung des 16. Jahrhunderts. Wie beim Freien
Knittelvers sind die Verse durch Paarreim verbunden, zusätzlich besteht hier eine
Regulierung der Silbenzahl auf 8 bei männlicher und 9 bei weiblicher Kadenz. (Wagenknecht
1993, S. 40f.)
Taktovik: Taktovik: Untergruppe der Verse mit
Füllungsfreiheit. Die Anzahl der
nicht-prominenten zwischen den prominenten Silben variiert zwischen 0 und
3.
Trochäus: (Griech. ›Läufer‹.) Zweisilbiger Versfuß der Form – v.
Vers: von lat. versus ‚Umwenden (des Pfluges), Furche, Reihe, Linie’. Verse sind kurze,
klar voneinander abgegrenzte und untereinander korrespondierende Abschnitte, die den
Text unabhängig von der Syntax gliedern und die optisch als Zeilen repräsentiert werden
können.
Verse mit Füllungsfreiheit: Verse mit Füllungsfreiheit: Alternativbezeichnungen ›accentual verse‹, ›rein tonischer
Vers‹ u.a. Flexibles Versmaß, bei dem die Hebungszahl festgelegt ist, die Anzahl der
dazwischen liegenden nicht-prominenten Silben dagegen variiert.
Versfuß: Aus der antiken Metrik stammende interne Gliederungseinheit des Verses, bestehend
aus einer geregelten Abfolge von Hebungenund Senkungen
Versgrenzen: Die Grenzen des Verses, d.h. Versanfang und Versende, sind optisch wie auch
akustisch in der Wahrnehmung besonders herausgehoben.
Versifikation: Die Versifikation enthält die Regeln für die Anordnung der Verskonstituenten (Silbe,
Silbenprominenz, Pausen und lautliche Übereinstimmungen) im Verstext, die ihrerseits
nach bestimmten prosodischen Regeln definiert werden. Die grundlegenden Anordnungsprinzipien
sind die Anzahl und die Position, und zwar horizontal (innerhalb der Zeile) und vertikal
(in der Abfolge der Verse).
Verskonstituenten: Sprachliche Einheiten bzw. Größen, die für den Bau von Versen relevant sind.
Vortragstyp: Systematisch beschreibbarer und ggf. an Epochen oder ‚Schulen' gekoppelter Stil des
rhythmischen Vortrags von Verstexten.
Anachronie: Umstellungen in der chronologischen Ordnung im Discours gegenüber der Histoire. Entweder
Prolepsen (Vorgriffe) oder Analepsen (Rückblenden)
Analepse: Ein Ereignis, das sich in der Geschichte früher ereignet hat, wird im Discours an
späterer Stelle dargestellt. (B A C) Im Gegensatz zu Prolepsen sind Analepsen ein
häufig angewendetes Erzählverfahren.
Aufbauende Rückwendung: Auch als der Einstieg ‚in medias res’ bezeichnet. Komplexe Form des Erzählens wie
wir sie schon seit Homer kennen. Typisch ist sie z.B. für die Kriminalgeschichte,
die mit einem rätselhaften Ereignis beginnt und deren Handlung in der Rekonstruktion
der Vorgeschichte besteht.
Autodiegetisches Erzählen: Liegt vor, wenn der Erzähler Teil der erzählten Welt und zugleich deren Hauptfigur
ist.
Autonome direkte Rede: Wie direkte Rede, aber ohne verba dicendi, evtl. sogar ohne Anführungszeichen.
Autor, realer: Historische oder gegenwärtige Person, die den Text verfasst hat
Bewusstseinsbericht: Bewusstseinsprozesse werden durch den Erzähler vermittelt und dabei
zusammengefasst. Der Erzähler weicht erkennbar von den Gedanken oder
Bewusstseinsinhalten einer Figur, die diese in der erzählten Welt (vermeintlich)
denkt oder hat, ab - indem er sie weglässt, zusammenfasst oder anderweitig
verändert.
Bewusstseinsstrom (stream of consciousness): Radikalisierung des Inneren Monologs: Es werden nicht
mehr nur die Bewusstseinsinhalte direkt und unmittelbar wiedergegeben, sondern auch
noch deren (vermeintlich) assoziative, ungesteuerte und völlig freie Struktur im
discours sprachlich nachgebildet.
Charakterisierung: Prozess der Bindung stabiler figurenbezogener Tatsachen an eine Figur.
Contextual Frames: Begriff von Catherine Emmott (Catherine Emmott 1997, S. 132). Bezeichnet eine Sinnstruktur,
die durch eine örtliche (wer und was ist an diesem Ort anwesend?), eine zeitliche
und durch eine relativ freie episodische Komponente (was ist an dem Ort geschehen)
gebildet wird. Dieses Geschehen kann wiederum durch typische Handlungsabläufe (scripts),
z.B. Restaurantbesuch, und zusammengehörige Informationssets (frames), z.B. Wirtshaus,
organisiert sein, und in nicht-situativem Text wird u.a. Information solcher Art präsentiert.
Dehnung: Der Discours dauert länger als das Geschehen brauchte, um sich zu ereignen. Im Film
entspricht dem dehnenden Erzählen die Zeitlupe.
Direkte Rede (oratio recta): Erzählerische Redewiedergabe in der 1. bzw. 2. Person Präsens Indikativ (als Basistempus),
ohne Innensicht und kommentierende Einmischung, in vollständiger oder bei Bedarf beliebig
unvollständiger Syntax. Eingeleitet mit einem verbum dicendi.
Discours: Präsentation der erzählten Geschichte im Gegensatz zur Histoire (Handlung und erzählte
Welt).
Distanz: Grad an Mittelbarkeit. Distanz ist eine Skala, an deren einem Ende die szenische Darstellung
mit wörtlicher Rede (dramatischer Modus) und an deren anderem die vollständige Vermittlung
der Geschichte durch einen in jeder Hinsicht präsenten Erzähler (narrativer Modus)
liegt.
Dramatischer Modus: Dieser Modus liegt vor, wenn nicht-sprachliche Ereignisse so präsentiert werden, dass
der Eindruck entsteht, eine vermittelnde Erzählinstanz sei kaum bzw. gar nicht an
dieser Präsentation beteiligt.
Eingeschobenes Erzählen: Das erzählte Geschehen ist zum Zeitpunkt des Erzählens noch nicht abgeschlossen, sodass
sich Momente gleichzeitigen und späteren Erzählens gegenseitig durchdringen und durchmischen.
Ellipse: Wenn eine bestimmte Zeitspanne der Geschichte im Discours gänzlich ausgespart
wird, so kann man von einer Ellipse oder einem Zeitsprung sprechen. Ein solcher
Zeitsprung kann in der Erzählung markiert und explizit oder unmarkiert und implizit
vorliegen.
Episches Präteritum: Mit dem Begriff von Käte Hamburger wird ein Präteritum bezeichnet, mit dem aber weniger
die Vorzeitigkeit des Erzählten als vielmehr seine Zeitlosigkeit betont werden soll.
Es liegt vor, wenn ein späterer Zeitpunkt des Erzählens kaum bestimmbar oder irrelevant
ist.
Ereignis: Elementare Einheit eines narrativen Textes.
Erlebte Gedankenrede: Erzählerische Gedankenwiedergabe in der 3. Person Präteritum oder
Plusquamperfekt Indikativ, mit Innensicht und der Möglichkeit kommentierender
Einmischung, aber ohne ‚verba dicendi et sentiendi’, in vollständiger Syntax
(Ausnahme: Interjektionen) und mit unbeschränkter Interpunktion, jedoch ohne
Anführungszeichen.
Erlebte Rede: Erzählerische
Redewiedergabe in der 3. Person Präteritum oder Plusquamperfekt Indikativ, mit Innensicht
und
der Möglichkeit kommentierender Einmischung, aber ohne ‚verba dicendi
et sentiendi’, in vollständiger Syntax (Ausnahme: Interjektionen) und
mit unbeschränkter Interpunktion, jedoch ohne
Anführungszeichen.
Erwähnung des sprachlichen Akts: Nur das Stattfinden eines sprachlichen Akts wird vom Erzähler berichtet. Der
Inhalt wird dabei nicht genauer spezifiziert.
Erzähler: ‚Stimme' im Text oder ‚Sprecher' eines Textes. Kann im Gegensatz zur Alltagskommunikation
nicht unhinterfragt mit dem realen Autor gleichgesetzt werden. Kann als Figur realisiert
werden oder nur als Stimme.
Erzähltempo: Verhältnis der Dauer von Ereignissen der Geschichte und ihrer Darstellung im Discours.
Erzählte Rede: Dieser Modus liegt vor, wenn die Worte einer Figur erkennbar von einem Erzähler, also
mittelbar wiedergegeben werden.
Erzählte Welt: Alle Figuren und Objekte sowie Räume und Handlungen, von denen der Text spricht. Diese
Welt kann entsprechend den Regeln unsrer Alltagswelt gestaltet oder weitgehend erfunden
sein.
Erzählzeit und Erzählte Zeit: Die Geschichte, die erzählt wird, besteht aus einer bestimmten Folge von Ereignissen,
die einmal oder mehrfach stattgefunden haben und eine bestimmte Zeit gedauert haben.
Im Discours kann die Darstellung dieser Geschichte in allen drei Punkten abweichen.
Wir unterscheiden deshalb zwischen:Erzählter Zeit: Zeit der HistoireErzählzeit: Zeit
des Discours
extern / intern: Zugehörigkeit einer Analepse oder Prolepse zur erzählten Geschichte.extern: Handlung
liegt vor oder nach der Haupthandlungintern: Handlung (der Rückblende) ereignet sich
während der Haupthandlung
Externe Fokalisierung: Die Wahrnehmung ist nicht an eine Figur der erzählten Welt gebunden, geht aber von
einem Punkt innerhalb der erzählten Welt aus. Informationen über das „Innenleben“
von Figuren werden nicht gegeben. Der Erzähler weiß weniger / nimmt weniger wahr als
die Figuren.
Extradiegetisches Erzählen: Bezeichnet dasjenige Erzählen, das die Diegese, also die erzählte Welt, erzeugt. Intradiegetisch
ist hingegen alles das, was sich innerhalb der erzählten Welt befindet. Es handelt
sich um eine Unterscheidung zwischen dem Modus des Erzeugens gegenüber dem Modus des
Erzeugten.
Figur: Mentales Modell eines Menschen oder einer menschenähnlichen Gestalt in einer erzählten
Welt. Wird vom Leser aufgebaut, indem er Informationen aus dem Discours um Weltwissen
ergänzt.
Figurale Schemata: Figuren- oder personenbezogenen Regelmäßigkeitsannahmen.
Figuren: Die Kommunikation der Figuren untereinander bildet eine eigene Ebene. Bei der Analyse
ist zu beachten, dass man die Aussagen einer Figur, auch wenn sie im Text sehr privilegiert
ist, nicht als Meinung des Autors interpretieren sollte. Man hat es mit vermittelter
Kommunikation zu tun: Der Autor lässt einen Erzähler erzählen, was die Figuren sagen.
Der Figur ist in dieser Einführung ein eigenes Kapitel gewidmet.
Figurenbezogene Tatsachen: Tatsachen der erzählten Welt in Bezug auf Figuren, die aus folgenden Quellen gespeist
sind: Figureninformationen, Schlussfolgerungen ausgehend von Figureninformationen
und Schlussfolgerungen ausgehend von Informationen, die in der Darstellung nicht der
Figur zugeschrieben worden sind, aber zu ihr in Beziehung gesetzt sind.
Figureninformationen: Informationen über die Figur aus dem Discours. Angaben zum Äußeren, zu mentalen und
charakterlichen Eigenschaften, sprachliche Äußerungen der Figur und die Inhalte dieser
Äußerungen und Handlungen.
Figurenkonstellation: Verhältnis und Stellung aller Figuren eines Dramas zueinander wird als Figurenkonstellation
beschrieben.
Figurenmodell: Gestaltförmige Konfigurationen von Figureninformationen, z.B. der Melancholiker oder
die Extrovertierte.
Finale Motivierung: Sinnstruktur in der erzählten Welt: Teleologische Verknüpfung von Ereignissen
Fokalisierung: Die Instanz, die das Erzählte wahrnimmt, also sieht, hört, riecht, schmeckt, spürt,
fühlt, denkt.
Frequenz: Wiederholungsbeziehung zwischen discours und histoire, die sich in drei
Kategorien ordnen lässt:
Früheres Erzählen: Ereignisse werden erzählt, bevor sie sich in der erzählten Welt ereignen. Der Zeitpunkt
des Erzählens liegt also vor dem des Erzählten. Markiert wird das durch das Futur.
Gedankenzitat: Erzählerische Gedankenwiedergabe in der 1. bzw. 2. Person Präsens Indikativ. Eingeleitet
mit einem verbum sentiendi. Gedanken werden hier also - analog zur direkten Figurenrede
- als solche markiert.
Geschehen: Ereignisse, die chronologisch aufeinander folgen.
Geschichte: Ereignisfolge, die chronologischen und kausalen Zusammenhang aufweist.
Gleichzeitiges Erzählen: Der Zeitpunkt des Erzählens fällt erkennbar und weitgehend mit dem des Erzählten zusammen.
Handlung: Gesamtheit dessen, was erzählt wird. Umfasst die Elemente Ereignis, Geschehen, Geschichte.
Handlungsgrammatiken: Annahme einer narrativen Tiefenstruktur, die unter der erzählten Oberfläche zu Grunde
liegt. Solche Tiefenstrukturen können mythologische Erzählungen sein (Claude Levi-Strauss),
aber auch Handlungsträger und Handlungsfunktionen (Propp), Aktanten (Greimas) oder
Pole und Plots.
Histoire: Die Geschichte mit der Darstellung in ihrem chronologischen und kausalen Zusammenhang.
Gegenbegriff: 'Discours' (Reihenfolge und Art der Vermittlung der Geschichte durch
den Text)
Historisches Präsens: Verwendung des Präsens nicht als Tempus der Darstellung von Gegenwart bzw. von zeitlosen
Sachverhalten, sondern als Erzähltempus – sei es als Wirklichkeitsbericht über vergangenes
Geschehen, sei es als Ersatz eines ‚Epischen Präteritums’ zur Vermittlung fiktionalen
Geschehens.
Homodiegetisches Erzählen: Liegt vor, wenn der Erzähler Teil der erzählten Welt ist, also selbst in seiner Geschichte
vorkommt. Ich-Erzählung, die erste Person lässt sich dabei in ein erzählendes und
ein erzähltes bzw. erlebendes Ich aufspalten.
Impliziter Autor: Konstrukt, das der Leser aus den Textelementen gewinnt; unterscheidet sich vom realen
Autor und vom Erzähler, weil der implizite Autor immer nur eine Vorstellung bleibt,
die sich niemals ganz mit dem realen Autor und dessen Absichten deckt.
Indirekte Gedankenrede: Erzählerische Gedankenwiedergabe in der 3. Person Präsens Konjunktiv (bei Ich-Erzählung:
in der 1. Person für das erlebende Ich), mit der Möglichkeit kommentierender Einmischung,
in vollständiger Syntax ohne Anführungs-, Ausrufe- und Fragezeichen.In indirekter
Gedankenrede bleibt zwar der Inhalt der Gedanken der Figur erhalten, nicht
jedoch ihr Wortlaut, da das Gesagte einem anderen Sprecher, dem Erzähler, als Inhalt
eines „dass“-Satzes im Konjunktiv zugeordnet wird.
Indirekte Rede (oratio obliqua): Erzählerische Redewiedergabe in der 3. Person Präsens Konjunktiv (bei
Ich-Erzählung: in der 1. Person für das erlebende Ich), ohne Innensicht, mit der
Möglichkeit kommentierender Einmischung, in vollständiger Syntax ohne Anführungs-,
Ausrufe- und Fragezeichen.Der Inhalt der Figurenrede bzw. der Gedanken bleibt zwar
erhalten, nicht
jedoch ihr Wortlaut, da das Gesagte einem anderen Sprecher, dem Erzähler, als Inhalt
eines „dass“-Satzes im Konjunktiv zugeordnet wird.
Innerer Monolog: Erzählerische Gedankenwiedergabe in der 1. bzw. 2. Person Präsens Indikativ. Ohne
Einleitung durch verba dicendi, evtl. sogar ohne Anführungszeichen.Wenn auf Markierungen,
wie „dachte er“-Formeln, die Nennung der Figur usw. verzichtet wird, dann liegt innerer
Monolog vor: In diesem werden die Gedanken und Inhalte des Bewusstseins (und Unterbewusstseins)
einer Figur also (vermeintlich) direkt wiedergegeben.
Interne Fokalisierung: Die Wahrnehmung ist an eine Figur
gebunden. Informationen über das „Innenleben“ der Figur werden gegeben. Der
Erzähler weiß also ebenso viel / nimmt ebenso viel wahr wie die
Figur.
Intradiegetisches Erzählen: Alles das, was sich innerhalb der erzählten Welt befindet. Der Begriff bezeichnet
einen Zustand des Erzeugten und ist der Gegenbegriff zum extradietischen Erzählen,
dem Modus des Erzeugens einer Geschichte.
Intradiegetisches Erzählen: Liegt vor, wenn der Erzählakt auf der zweiten Ebene angesiedelt ist, wenn also erzählt
wird, dass und was erzählt wird, nämlich ein (dann metadiegetisches) Geschehen.
Iteratives Erzählen: Beim iterativen Erzählen wird nur einmal erzählt, was sich wiederholt
ereignet.
Kausale Motivierung: Sinnstruktur in der erzählten Welt: Kausale Verknüpfung von Ereignissen
komplett / partiell: Anschluss an das Erzählte. Sind Reichweite und Umfang identisch, spricht man von einer
kompletten Analepse, ansonsten von einer partiellen. Im Blonden Eckbert erzählt Bertha
z.B. als Einschub ihre Lebensgeschichte vom Zeitpunkt ihrer Geburt bis zu der Zeit,
zu der die Handlung spielt.
Leser, realer: Person oder Personengruppe, die den Text liest oder hört. Entweder historisch oder
gegenwärtig.
Masterplot: Dominante Organisationsstruktur einer Handlung
Metadiegetisches Erzählen: Findet innerhalb der Diegese, also intradiegetisch, einer neuer, diegeseerzeugender
Akt statt, wird dessen Inhalt als metadiegetisch bezeichnet. Er liegt auf einer Ebene
über der Diegese. Metadiegetisches Erzählen liegt vor, wenn Erzählen erzählt wird.
mise en abyme: Sonderfall der Metalepse, in der der Anfang der Erzählung auf der intradiegetischen
Ebene zu finden ist. Die erzählte Welt enthält also den Akt ihrer Erzeugung, enthält
sich sozusagen selbst.
Modell-Leser: Textbasiertes, anthropomorphes Konstrukt, das gekennzeichnet ist durch die Kenntnis
aller einschlägigen Codes und auch über alle notwendigen Kompetenzen verfügt, um die
vom Text erforderten Operationen erfolgreich durchzuführen. Der Modell-Leser hat außerdem
ein Gedächtnis, um das textspezifische Wissen aufbauen zu können, sowie die Fähigkeit,
Schlussfolgerungen zu ziehen.
Modus: Grad an Mittelbarkeit und Perspektivierung des Erzählten. Aspekt des Discours
neben Zeit und Stimme.
Modus einer figurenbezogenen Tatsache: Eigenschaft einer
figurenbezogenen Tatsache, die ihren Status in der narrativen Welt
betrifft: faktisch, kontrafaktisch, konditional oder rein subjektiv
(existiert die Tatsache nur in der Überzeugung, im Wunschdenken oder in
der Vorstellung einer anderen Figur oder des
Erzählers?).
Multiple interne Fokalisierung: Fokalisierungsform bei der das
gleiche Geschehen wiederholt dargestellt wird und zwar jeweils aus der
Perspektive einer anderen
Figur.
Narrative Metalepse: ‚Kurzschluss‘ zwischen den verschiedenen Ebenen der Erzählung, z.B. wenn die Figuren
von ihrem Autor bzw. um ihre Fiktionalität wissen.
Narrativer Modus: Dieser Modus liegt vor, wenn nicht-sprachliche Ereignisse erkennbar von einem Erzähler
präsentiert werden.
Nullfokalisierung: Diese Fokalisierungsform wird auch als ‚auktorial’ bezeichnet. Die Wahrnehmung ist
an keine Figur gebunden. Der Erzähler weiß hier mehr als die Figur. Typische Anzeichen
für Nullfokalisierung sind Informationen im Text, die das Wissen der anwesenden Figuren
übersteigen bzw. das Fehlen von Figuren.
Ordnung: Ausgehend von unserer Lebenswelt erwarten wir, dass auch das Geschehen in fiktionalen
Welten zeitlich geordnet ist. Der Discours kann sich an diese Ordnung halten, oder
sie auch verändern. Da wir uns Zeit als linear vorstellen, gibt es drei Formen der
Ordnung:Der Discours kann die Ordnung der Ereignisse einhalten. (A B C)Der Discours
kann von der Ordnung abweichen, indem ein Ereignis, das sich in der Geschichte erst
noch ereignen wird, îm Discours an früherer Stelle erzählt wird: Prolepse (A C B)Der
Discours kann von der Ordnung abweichen, indem ein Ereignis, das sich in der Geschichte
früher ereignet hat, im Discours an späterer Stelle dargestellt wird: Analepse. (B
A C)
Ort des Erzählens: Hierarchische Ebene, auf der ein Erzählakt als eigenständige Äußerung einer Sprechinstanz
(einer „Stimme“ also) stattfindet. Die erste Ebene liegt immer außerhalb des Erzählten.
Weitere Ebenen innerhalb des Erzählten können hinzukommen.
Pause: Während eines beliebig langen Erzählabschnitts des Discours, geht die Handlung nicht
weiter, auch als ‚deskriptive Pause’ bezeichnet, weil hier oft Figuren oder Örtlichkeiten
beschrieben werden.
Präsentation von Gedanken im gemischten Modus: transponierte Gedanken: Dieser Modus liegt vor, wenn der Erzähler auf bestimmte und eng begrenzte Art erkennbar
an der Präsentation der Gedanken bzw. Bewusstseinsinhalte einer Figur beteiligt ist,
indem er sie nämlich in eigene Rede überführt.
Primäres Erzählen: Erzähler der Geschichte bzw. der Rahmengeschichte, wenn es eine Binnengeschichte gibt.
Prolepse: Ein Ereignis, das sich in der Geschichte erst noch ereignen wird, wird im Discours
an früherer Stelle erzählt (A C B).
Raffung / summary: Zeitraffendes Erzählen liegt insbesondere dann vor, wenn summarisch erzählt wird.
Das heißt, dass nicht alle Details, nicht alle Ereignisse oder nicht alle Wiederholungen
ähnlicher Ereignisse jeweils einzeln dargestellt werden.
Redebericht: Ein sprachlicher Akt wird vom Erzähler berichtet und dessen Inhalt allgemein wiedergegeben.
Reichweite: Zeitlicher Abstand zwischen Erzählgegenwart und Zeitpunkt der Anachronie.
Repetitives Erzählen: Beim repetitiven Erzählen wird ein Ereignis wiederholt erzählt, das einmal
geschehen ist (n-mal erzählen, was einmal geschehen ist).
Sekundäres Erzählen: Erzähler einer Binnengeschichte, der in der Rahmengeschichte als Figur auftritt.
Singulatives Erzählen: Beim singulativen Erzählen werden die Ereignisse der Geschichte genau so oft erzählt,
wie sie geschehen. Sowohl die Fälle „einmal erzählen was einmal geschehen ist“ als
auch „n-mal erzählen, was n-mal geschehen ist“ sind also hier gemeint. In beiden Fällen
bleibt das Verhältnis zwischen Erzählung und Handlung gleich.
Situativer Text (framed text): Text der auf einen kontextuellen Rahmen bezogen ist, d.h. die Sätze sind auf Ereignisse
bezogen, die zu einem spezifischen Zeitpunkt und an einem spezifischen Ort geschehen,
und beschreiben nicht wiederholte oder verallgemeinerte Ereignisse.
Situative Schemata: Wissen über typisierte situative bzw. handlungsbezogene Konstellationen (z.B. Dreiecksbeziehungen)
Späteres Erzählen: Der Zeitpunkt des Erzählens liegt erkennbar nach dem des Erzählten. Diese Verteilung
der Zeitverhältnisse zwischen dem Erzählen und dem Erzählten ist der Regelfall allen
Erzählens. Er wird durch Verwendung des Präteritum markiert.
Stellung: Mit diesem Begriff ist die Stellung des Erzählers zum Geschehen gemeint: Ist
der Erzähler Teil seiner Erzählung oder kommt er in dieser nicht vor und tritt ganz
hinter sie zurück?
Stimme: Instanz, die den Text oder einen Teil des Textes erzählt.
Szene: Eine typische Ausprägung des zeitdeckenden Erzählens ist die Szene, in der die Dauer
der Wiedergabe von Figurenrede weitgehend mit der der Rede selbst übereinstimmt.
Textmontage: Verschieden Textstücke, die unterschiedlich fokalisiert sind und von unterschiedlichen
Stimmen gesprochen werden, werden in einer Erzählung hintereinander gestellt.
Transponierte Rede: Dieser Modus liegt vor, wenn der Erzähler auf bestimmte und eng begrenzte Art erkennbar
an der Präsentation der Worte einer Figur beteiligt ist, indem er sie nämlich in eigene
Rede überführt.
Umfang: Dauer der Handlungssequenz, die als Anachronie eingeschoben wird.
Zeitpunkt des Erzählens: Der Zeitpunkt des Erzählens liegt relativ zum erzählten Geschehen. Er kann später,
gleichzeitig oder früher als das Erzählte liegen, er kann aber auch vage oder unbestimmbar
sein.
Zitierte Rede: Dieser Modus liegt vor, wenn die Worte einer Figur ohne (wesentliche) Eingriffe durch
den Erzähler wiedergegeben werden.
Zuhörer/Leser: Der Zuhörer oder Leser kann im Text als Figur auftauchen oder nicht. Er ist der vom
Erzähler angesprochene Agent, er befindet sich also auf derselben Ebene wie der Erzähler.
(rhetorische) Figur: Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der syntagmatischen Ebene
(rhetorische) Trope: Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der paradigmatischen/semantischen Ebene
Allegorie: Darstellung eines eigentlich gemeinten Komplexes durch uneigentlich Gesagtes, das
mit diesem in einer Ähnlichkeits- oder Analogiebeziehung steht
Anakoluth: Wortfigur: grammatikalisch unkorrekte Gestaltung einer syntaktischen Einheit („Satzbruch“)
Anapher: Wortfigur: Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe zu Beginn mehrerer aufeinander
folgender Sätze, Satzteile oder Verse
Änderungsoperationen: Arten von Veränderungen, die nach rhetorischer Auffassung an (sprachlichen,
kommunikativen) Normalformen vorgenommen werden können
Antithese: Gedankenfigur: Gegenüberstellung zweier sich (semantisch)
widersprechender Ausdrücke
Apostrophe: Gedankenfigur: (scheinbare) Abwendung (des Sprechers) vom ursprünglichen Publikum
und Hinwendung zu einem (ggf. fiktiven) Zweitpublikum
aptum: Norm der Rhetorik: wirkungsorientierte Abstimmung von Elementen oder Momenten
aus unterschiedlichen Bereichen des Textes bzw. der Textproduktion
Archaismus/Neologismus: tropenähnliche Ersetzung eines (ggf. nicht verfügbaren) eigentlichen Ausdrucks durch
einen altertümlichen (Archaismus) bzw. durch einen neuartigen/neu erfundenen (Neologismus)
ars - natura: Ein (quasi) natürlicher (Normal-)Zustand steht einer künstlichen, bewusst gemachten
und mit Zwecken behafteten Abweichung von der Norm gegenüber
delectare: Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Wohlwollen und Lust/Freude
dispositio: zweites Produktionsstadium der Rhetorik: Auswahl, Gewichtung, Anordnung und Gliederung
des in der inventio ‚gefundenen’ Stoffes
docere: Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
elocutio: drittes Produktionsstadium der Rhetorik: Umsetzung des strukturierten
Redestoffes in sprachlichen Ausdruck bzw. Text
Emblem: Gattung/Textsorte: aus Überschrift, Bild und Text zusammengesetzter bimedialer Komplex,
in dem die einzelnen Bestandteile durch Ähnlichkeits- oder andere Verweisungszusammenhänge
miteinander verknüpft sind
Epilog: Der eigentlichen Dramenhandlung folgendes, deutlich abgegrenztes Nachwort, das eine
zwischen Dramentext, Autor und Publikum vermittelnde Position einnehmen kann.
genera dicendi: Stilniveau-Typologie der traditionellen Rhetorik
genus grande : (die höchste) Stilebene: hohes Stilniveau zur Erregung starker, pathetischer Affekte
genus humile: (die unterste) Stilebene: einfaches, aufwandloses Stilniveau (zur Vermittlung von
Sachverhalten)
genus medium: (die mittlere) Stilebene: mittleres Stilniveau zur Erregung sanfter, ‚ethischer’ Affekte
(zur Erfreuung des Publikums)
Hyperbel: Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen diesen steigernden oder übersteigenden
Hypotaxe – Parataxe: Stilprinzipien, die Anordnung der einzelnen Satzglieder betreffend:
Hypotaxe: syntaktisch-hierarchische Unterordnung von Satzgliedern
Parataxe: syntaktisch-hierarchielose Reihung von Satzgliedern
imitatio veterum: produktionsästhetisches Grundprinzip: Orientierung der Textproduktion an vorbildhaften
Mustertexten oder Textmustern (aus der Antike)
inventio: erstes Produktionsstadium der Rhetorik: Finden der Gedanken und Möglichkeiten, die
sich aus einem Thema bzw. aus einer Fragestellung entwickeln lassen
Inversion: Wortfigur: Vertauschung syntaktischer Elemente
Ironie: Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch dessen Gegenteil oder Negation
Katachrese: konventionalisierte bzw. lexikalisierte Metapher Kombination zweier Tropen bzw. Metaphern,
die sich ausschließen: ‚Bildbruch’
Klimax: (im engeren rhetorischen Sinn): mehrfache Wiederaufnahme eines Ausdrucks am Ende eines
Satzes oder Satzteiles am Anfang des folgenden mit gradueller Steigerung im davon
abgeleiteten weiteren allgemeinen Sinn): reihende und sich steigernde Anordnung (mindestens
dreier) syntaktisch äquivalenter Satzglieder
Litotes: Trope: Ersetzung eines Ausdrucks durch Verneinung des Gegenteils zur Bekräftigung
des Gemeinten
Metapher: Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen anderen Ausdruck, der mit
ihm in einer Ähnlichkeits- oder Analogiebeziehung steht
Metonymie: Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen Ausdruck, der mit ihm in einer
sachlichen Beziehung steht
movere: Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Leidenschaften bzw.
durch Affekterregung.
opting in / opting out: doppelte Funktionalität von Stil(en) aller Art: sich einer bestimmten Gruppe anzuschließen
(opting in) bzw. sich von einer bestimmten Gruppe abzusetzen (out)
Personifikation: Darstellung von etwas Abstraktem oder Allgemeinem als Mensch bzw. Person
persuasio: Die Annahme einer bestimmten Überzeugung (persuasio) durch den Adressaten des Textes
ist die Zielvorgabe der (antiken) Rhetorik. Sie kann durch verschiedene Methoden oder
Prinzipien erreicht werden: movere, docere oder delectare.
Pleonasmus: Wortfigur: Ergänzung eines Ausdrucks ohne erkennbaren Informationsgewinn
praeteritio: Gedankenfigur: explizite Auslassung von Gedanken und Sachverhalten
Prolog: Der eigentlichen Dramenhandlung vorgelagerte, deutlich markierte Vorrede, die der
Ankündigung, Erläuterung und Ausdeutung dienen kann.
res - verba: minimale Semantik der Rhetorik: Verbale (oder anderweitig repräsentierende) Zeichen
(verba) repräsentieren Gedanken, Dinge und Sachverhalte (res)
Rhetorik: ars bene dicendi (lat.: die Kunst des guten Redens/Textes)
Symbol: nicht konventionelles Zeichen – also ein Gegenstand, der auf Grundlage einer
nicht konventionellen Bedeutungszuweisung etwas repräsentiert und somit als Zeichen
anzusehen ist
Synekdoche: Trope: Ersetzung eines Ausdrucks durch einen semantisch engeren oder weiteren Ausdruck
Vergleich: Wort-/Gedankenfigur: nähere Bestimmung eines Gegenstandes durch einen ihm ähnlichen
Gegenstand