Iteratives Erzählen: Beim iterativen Erzählen wird nur einmal erzählt, was sich wiederholt
ereignet.
Iteratives Erzählen beruht auf der Tatsache, dass sich Ereignisse - so oder so
ähnlich - wiederholen können. Sie werden entweder eher summarisch (und damit
zeitraffend) erzählt oder eher exemplarisch.
Iteratives Erzählen kontrastiert für gewöhnlich mit singulativem
Erzählen.
Ich lebte in dem Hause meines Vaters, unbeachtet von den Hausgenossen, in
einem Hinterstübchen, das in den Nachbars-Hof hinausging Anfangs aß ich am
Familientische, wo niemand ein Wort an mich richtete. Als aber meine Brüder
auswärts befördert wurden und mein Vater beinahe täglich zu Gast geladen war die
Mutter lebte seit lange nicht mehr - fand man es unbequem, meinetwegen eine
eigene Küche zu führen. Die Bedienten erhielten Kostgeld; ich auch, das man mir
aber nicht auf die Hand gab, sondern monatweise im Speisehaus bezahlte. Ich war
daher wenig in meiner Stube, die Abendstunden ausgenommen; denn mein Vater
verlangte, daß ich längstens eine halbe Stunde nach dem Schluß der Kanzlei zu
Hause sein sollte. Da saß ich denn, und zwar, meiner schon damals angegriffenen
Augen halber, in der Dämmerung ohne Licht. Ich dachte auf das und jenes und war
nicht traurig und nicht froh.
Franz Grillparzer: Der arme Spielmann
Erläuterung:
Der Erzähler berichtet hier jeweils einmal summarisch von Ereignissen, die
sich wiederholt ereignet haben: die wiederholten Mahlzeiten am Familientische,
die Bezahlung des Kostgeldes im Speisehaus, seine Gewohnheit tagsüber wenig zu
Hause zu sein, abends aber still im Zimmer zu sitzen.
In diesem kurzen Textabschnitt aus Jean Pauls Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz im Auenthal
wird über die Kinderspiele der Titelfigur berichtet. Zu fragen wäre allerdings, ob hier
Textbeispiel:
Schon in der Kindheit war er [Wutz] ein wenig kindisch. Denn es gibt
zweierlei Kinderspiele, kindische und ernsthafte - die ernsthaften sind
Nachahmungen der Erwachsenen, das Kaufmann-, Soldaten-, Handwerker-Spielen -
die kindischen sind Nachäffungen der Tiere. Wutz war beim Spielen nie etwas
anderes als ein Hase, eine Turteltaube oder das Junge derselben, ein Bär,
ein Pferd oder gar der Wagen daran. Glaubt mir! ein Seraph findet auch in
unsern Kollegien und Hörsälen keine Geschäfte, sondern nur Spiele und, wenn
ers hoch treibt, jene zweierlei Spiele.
Jean Paul: Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz im Auenthal (3. Abschnitt)
Hier wird offensichtlich stark iterativ erzählt, da Wutz seine gesamte
Kindheit über spielt - und später auch noch - , aber nur in dieser kurzen
Passage einmalig davon erzählt wird. Von keinem der Kinderspiele Wutzens
erfahren wir Genaueres, eimmalig Geschehens. Im Gegenteil: Der Erzähler selbst
unterscheidet in einer kurzen Reflexion ganz abstrakt zwei Typen von
Kinderspielen und ordnet dann Wutzens Spiele dem einen Typ zu. Dafür gibt er
allerdings einige Beispiele, indem er die Tiere auflistet, in die sich der junge
Wutz in seinen Spielen verwandelt. Es geht nicht um ein bestimmtes Spiel, sondern um zwei abstrakt Typen von
Kinderspielen, denen der Erzähler dann Wutzens Spiele zuordnet. Dafür gibt er
allerdings einige Beispiele, indem er die Tiere auflistet, in die sich der junge
Wutz in seinen Spielen verwandelt. Wie genau diese Spiele - oder eines davon -
aussehen, lässt der Erzähler-Discours aber offen, er stellt keines davon
exemplarisch-konkret dar und gibt nur einen summarischen Überblick.