Singulatives Erzählen: Beim singulativen Erzählen werden die Ereignisse der Geschichte genau so oft erzählt,
wie sie geschehen. Sowohl die Fälle „einmal erzählen was einmal geschehen ist“ als
auch „n-mal erzählen, was n-mal geschehen ist“ sind also hier gemeint. In beiden Fällen
bleibt das Verhältnis zwischen Erzählung und Handlung gleich.
Wenn einmal erzählt wird, was sich auch einmal in der (fiktiven) Geschichte ereignet,
so kann dies als Normalfall des Erzählens gelten. Wenn ein sich wiederholendes Ereignis
aber auch immer wieder neu erzählt wird, so ist dies zwar ebenfalls singulativ, aber
recht ungewöhnlich.
Singulatives Erzählen kontrastiert für gewöhnlich mit iterativem Erzählen.
Kurz und gut, das Entsetzliche, was mir geschah, dessen tödlichen Eindruck zu vermeiden
ich mich vergebens bemühe, besteht in nichts anderm, als daß vor einigen Tagen, nämlich
am 30. Oktober mittags um 12 Uhr, ein Wetterglashändler in meine Stube trat und mir
seine Ware anbot. Ich kaufte nichts und drohte, ihn die Treppe hinabzuwerfen, worauf
er aber von selbst fortging.
E. T. A. Hoffmann: Der Sandmann (Ende des ersten Abschnitts)
Erläuterung:
In dieser Passage aus E.T.A. Hoffmanns Sandmann wird ein einmaliges Ereignis - der Besuch einer dubiosen Person - als einmaliges
Ereignis erzählt, und zwar mit relativ genauer Orts- und sehr präziser Zeitangabe,
welche die Einmaligkeit des Ereignisses und seine furchterregende Bedeutsamkeit für
den Ich-Erzähler hier unterstreichen.
In dieser Eingangspassage aus Jean Pauls Selberlebensbeschreibung (=Autobiographie) erzählt der „Professor der Geschichte von sich“ vom Tag seiner
Geburt.
Textbeispiel:
Es war im Jahr 1763, wo der Hubertsburger Friede zur Welt kam und gegenwärtiger Professor
der Geschichte von sich; - und zwar in dem Monate, wo ihm noch die gelbe und graue
Bachstelze, das Rotkehlchen, der Kranich, der Rohrammer und mehrere Schnepfen und
Sumpfvögel anlangten, nämlich im März; - und zwar an dem Monattage, wo, falls Blüten
auf seine Wiege zu streuen waren, gerade dazu das Scharbock- oder Löffelkraut und
die Zitterpappel in Blüte traten, desgleichen der Ackerehrenpreis oder Hühnerbißdarm,
nämlich am 21ten März; - und zwar in der frühesten frischesten Tageszeit, nämlich
am Morgen um 1 1/2 Uhr; was aber alles krönt, war, daß der Anfang seines Lebens zugleich
der des damaligen Lenzes war.
Jean Paul: Selberlebensbeschreibung (Beginn)
Sicher, das eigentliche Ereignis dieser Erzählpassage, die Geburt des Erzählers und
Autobiographen Jean Paul am 21. März 1763, fand natürlich nur einmal statt - und wird
hier auch nur einmal erzählt. Ein Witz dieser Passage liegt aber wohl darin, dass der Erzähler seine Geburt mit dem beginnendem
Frühling korreliert, sodass die verschiedenen Naturereignisse, die in den März bzw.
genauer: die auf den 21. März fallen, ebenfalls genau einmal erzählt werden, aber
- wie jeder Leser weiß - jedes Jahr von Neuem stattfinden, also
iterativ
Iteratives Erzählen
Beim iterativen Erzählen wird nur einmal erzählt, was sich wiederholt
ereignet.
erzählt werden.Sicher, das eigentliche Ereignis dieser Erzählpassage, die Geburt des Erzählers und
Autobiographen Jean Paul am 21. März 1763, fand natürlich nur einmal statt - und wird
hier auch nur einmal erzählt. Ein Witz dieser Passage liegt aber wohl darin, dass der Erzähler seine Geburt mit dem beginnendem
Frühling korreliert, so dass die verschiedenen Naturereignisse, die in den März bzw.
genauer: die auf den 21. März fallen, ebenfalls genau einmal erzählt werden, aber
- wie jeder Leser weiß - jedes Jahr von Neuem stattfinden, also
iterativ
Iteratives Erzählen
Beim iterativen Erzählen wird nur einmal erzählt, was sich wiederholt
ereignet.