Verstehen lyrischer Texte
Wenn wir in der Rolle als Normal-Leser/innen meinen, einen Text verstanden zu haben,
dann ist unsere Kontrollinstanz in der Regel unser subjektiver Eindruck, unsere Lesart
des Textes sei richtig, in sich stimmig, dem Text angemessen usf. Tatsächlich ist
für den Prozess des Textverstehens aber neben den ‚Daten‘, die der Text liefert, eine
Reihe subjektiver Faktoren auf Seiten der Leser/innen (Erwartungen dem Text gegenüber,
Erfahrungen im Umgang mit Literatur, jeweils aktuelle Lebenssituation usf.) von Bedeutung.
Diese beeinflussen das ‚Verstehen‘ und machen es – abhängig von dem Einfluss der oben
genannten Faktoren – zu einer mehr oder weniger ausgeprägt individuellen Angelegenheit.
Wissenschaftliches Textverstehen – dokumentiert in Interpretationen – lässt sich dagegen
allgemein als der Versuch charakterisieren, die Wirksamkeit subjektiver Faktoren einzuschränken
und zu kontrollieren (ausschalten lassen sie sich nicht). Zu diesem Zweck sind literaturwissenschaftliche
Strategien entwickelt worden, welche die ‚Wissenschaftlichkeit‘ des Interpretierens
sichern wollen. ‚Wissenschaftlichkeit‘ soll hier zunächst als ‚Abbau von Beliebigkeit‘
und ‚Erhöhung der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit‘ von Interpretationen aufgefasst
werden.
© Hamburg / Letzte inhaltliche Änderung am: 29.12.2005
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