Volksbuch

Die Volksbücher des 16. Jahrhunderts bedeuteten einen Schritt zur Entwicklung neuer Prosaformen. Die romantische Vorstellung, es handele sich um unmittelbar aus dem Volk selbst hervorgegangene Werke, war dabei allerdings nicht haltbar. Obwohl sich in den Werken das Bemühen um einen literarischen Neuanfang artikulierte, bedienten sich die Volksbücher in der Regel mittelalterlicher Stofftraditionen. Die Volksbuchtradition begann in der Mitte des 15. Jahrunderts mit Übersetzungen aus dem Französischen, einen eigenständigen Charakter erhielt sie erst zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Zu den bekanntesten Volksbücher zählen Dil Ulenspiegel (1515) und das Lalebuch (1597), das unter dem Titel Die Schiltbürger publiziert wurde.
Epochemachend ist der anonyme Fortunatus (1509), der den Übergang von mittelalterlichen zu neuzeitlichen Lebensformen thematisierte. Inhaltlich werden darin der Auszug des Protagonisten in die Welt geschildert und die Bewährungsproben gezeigt, denen er dort unterworfen wird. Die ritterliche Welt ist im Werk untergegangen und wird von einer bürgerlichen Wirklichkeit abgelöst; anstelle der ritterlichen Tugenden treten nun die Tugenden des Kaufmanns. Die Lehre des Fortunatus ist: wer den Umgang mit Geld beherrscht, kann sich sowohl in der feudalen als auch in der bürgerlichen Welt durchsetzen, wer ihn jedoch nicht beherrscht, ist zum Untergang verurteilt. In den Reisen des Fortunatus, die ein tragendes Handlungselement bilden, spiegelt sich zudem der Reiz der frühen Globalisierung wider.
Das letzte gewichtige und wirkungsgeschichtlich bedeutendste Werk in der Reihe der Volksbücher ist die Historia von D. Johann Fausten (1587). Sie stellt die Neugierde in den Vordergrund und besitzt mit Doktor Faustus einen Protagonist, der versucht, die Welt in allen Dimensionen zu erschließen. Die Historia zeigt dabei auch die Unsicherheit, mit der diese Form der neuzeitlichen Welterschließung noch besetzt ist. Sie lässt die Neugierde als ein nicht wieder rückgängig zu machendes Konstituens des neuzeitlichen Menschen erscheinen und warnt zugleich vor der Folge der Neugierde für das Seelenheil.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 20-23.

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