Volkssprachliche Literatur der Reformationszeit

Martin Luther rehabilitierte die Volkssprache als Konsequenz seiner Reformation, die sich direkt an das Volk richtete, um ihm Gottes Wort auf verständliche Weise nahezubringen. In den Auseinandersetzungen der Reformation spielte die deutsche Sprache somit nun wieder eine zentrale Rolle, nachdem sie durch die Humanistenkultur an den Rand gedrängt worden war. Vor allem kleine Formen wie Fabeln, Wundererzählungen, Historien, Anekdoten und Schwänke wurden so auch über den Humanismus hinaus weiter gepflegt.
Gerade die Schwankerzählungen erfuhren nach der Reformation eine neue Konjunktur. Eine Sammlung solcher Schwankerzählungen legte Johannes Pauli mit Schimpf und Ernst (1520) vor. Das berühmteste Beispiel für diese Gattung war jedoch das Rollwagenbüchlein von Jörg Wickram aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.
Die wichtigsten Wirkungen des Mittelalters auf die volkssprachliche Literatur entfalteten sich im Drama. Besondere Bedeutung erlangte in dieser Zeit das allegorische Bibelspiel, in dem häufig auf das Motiv des »Verlorenen Sohnes« zurückgegriffen wurde. Seine wichtigste Gestaltung erfuhr dieses Motiv bei Burkhard Waldis in seiner Parabell vom verlorn Szohn (1527).
Die sozialen und literarischen Eigenheiten der deutschsprachigen Literaturentwicklung dieses Zeitraums bündelten sich in der Literatur der »Meistersinger«. Sie hatte ihren sozialen Ort in der bürgerlichen Welt der süddeutschen Reichsstädte und ihren erfolgreichsten Repräsentanten in Hans Sachs. Die Spruchdichtung der Meister des Hochmittelalters sollte dabei strengen Regeln folgend nachgeahmt werden. Der Meistersang war vereinsmäßig organisiert und wurde wettbewerbsmäßig durchgeführt, wobei der Sänger als Sieger hervorging, der sich die wenigsten Fehler gegenüber dem strikten Regelwerk leistete. Thematisch waren die Meisterlieder an biblischen Stoffen nach Luthers Übersetzung orientiert.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 19f.

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Volkssprachliche Literatur
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