Präsentation von Ereignissen im dramatischen Modus

Dramatischer Modus: Dieser Modus liegt vor, wenn nicht-sprachliche Ereignisse so präsentiert werden, dass der Eindruck entsteht, eine vermittelnde Erzählinstanz sei kaum bzw. gar nicht an dieser Präsentation beteiligt.
Um nicht-sprachliche Ereignisse sprachlich darzustellen, wird natürlich immer eine sprechende Instanz, ein Erzähler also, benötigt. Solche Ereignisse können aber ganz offensichtlich so präsentiert werden, dass beim Leser der Eindruck von Unmittelbarkeit entsteht: Dieser kann also meinen, der Erzähler sei ganz unbeteiligt und die Ereignisse würden unmittelbar und ‚natürlich’ präsentiert: als eine ‚Szene’. Strategien solchen Erzählens sind etwa:
Textbeispiel:
An einem der letzten Maitage, das Wetter war schon sommerlich, bog ein zurückgeschlagener Landauer vom Spittelmarkt her in die Kur- und dann in die Adlerstraße ein und hielt gleich danach vor einem, trotz seiner Front von nur fünf Fenstern, ziemlich ansehnlichen, im übrigen aber altmodischen Hause, dem ein neuer, gelbbrauner Ölfarbenanstrich wohl etwas mehr Sauberkeit, aber keine Spur von gesteigerter Schönheit gegeben hatte, beinahe das Gegenteil. Im Fond des Wagens saßen zwei Damen mit einem Bologneserhündchen, das sich der hell- und warmscheinenden Sonne zu freuen schien. Die links sitzende Dame von etwa dreißig, augenscheinlich eine Erzieherin oder Gesellschafterin, öffnete, von ihrem Platz aus, zunächst den Wagenschlag und war dann der anderen, mit Geschmack und Sorglichkeit gekleideten und trotz ihrer hohen Fünfzig noch sehr gut aussehenden Dame beim Aussteigen behülflich.
Theodor Fontane: Jenny Treibel (Beginn)
Erläuterung:
Natürlich spricht und erzählt auch in dieser Eingangspassage zu Theodor Fontanes Frau Jenny Treibel ein Erzähler mit seinen Worten. Dennoch präsentiert er das Erzählte hier fast völlig ohne eigene Beteiligung als Erzähler und zieht sich statt dessen vollständig auf eine (scheinbare) Beobachterrolle zurück. Dabei gibt er detailreich wieder, was ein anwesender Beobachter dieser kleinen Szene sehen würde. Insofern kann hier von einer dramatischen Präsentation der Ereignisse gesprochen werden.
Fragestellung:
In dieser Textpassage aus Goethes Wahlverwandtschaften wird der Weg beschrieben, den Eduard durch seine neu eingerichteten Gartenanlagen geht. Wird das Geschehen hier eher im narrativen oder eher im dramatischen Modus präsentiert?
Textbeispiel:
Dieser [Eduard] stieg nun die Terrassen hinunter, musterte im Vorbeigehen Gewächshäuser und Treibebeete, bis er ans Wasser, dann über einen Steg an den Ort kam, wo sich der Pfad nach den neuen Anlagen in zwei Arme teilte. Den einen, der über den Kirchhof ziemlich gerade nach der Felswand hinging, ließ er liegen, um den andern einzuschlagen, der sich links etwas weiter durch anmutiges Gebüsch sachte hinauf wand; da, wo beide zusammentrafen, setzte er sich für einen Augenblick auf einer wohlangebrachten Bank nieder, betrat sodann den eigentlichen Stieg und sah sich durch allerlei Treppen und Absätze auf dem schmalen, bald mehr bald weniger steilen Wege endlich zur Mooshütte geleitet.
Johann Wolfgang von Goethe: Wahlverwandtschaften (1. Kapitel)
Sicherlich, auch hier ist es eindeutig der Erzähler, der spricht und somit die Ereignisse verbalisiert. Er tut dies aber so, daß er sich selbst völlig zurücknimmt, sich ganz auf seine Figur und ihre Wahrnehmungsperspektive einlässt, auf jegliche Kommentierung verzichtet und zudem die Gartenlandschaft, durch die Eduard geht, in allen (für Eduard) relevanten Details beschreibt, so daß sich beim Leser ein ‚Realitätseffekt’ einstellt. Mithin liegt hier wohl eher ein dramatischer Modus der Ereignispräsentation vor.Natürlich ist es auch hier eindeutig der Erzähler, der spricht und somit die Ereignisse verbalisiert. Er tut dies aber so, daß er sich selbst völlig zurücknimmt, sich ganz auf seine Figur und ihre Wahrnehmungsperspektive einlässt, auf jegliche Kommentierung verzichtet und zudem die Gartenlandschaft, durch die Eduard geht, in allen (für Eduard) relevanten Details beschreibt, so daß sich beim Leser ein ‚Realitätseffekt’ einstellt. Mithin liegt hier wohl eher ein dramatischer Modus der Ereignispräsentation vor.

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Präsentation von Ereignissen im dramatischen Modus
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