Handlungsgrammatiken: Annahme einer narrativen Tiefenstruktur, die unter der erzählten Oberfläche zu Grunde
liegt. Solche Tiefenstrukturen können mythologische Erzählungen sein (Claude Levi-Strauss),
aber auch Handlungsträger und Handlungsfunktionen (Propp), Aktanten (Greimas) oder
Pole und Plots.
Zu Beginn dieser Forschungsrichtung steht Vladimir Propps Versuch die Strukturgesetzmäßigkeiten von Zaubermärchen zu beschreiben. Er stellt dabei fest, dass die Handlung der Märchen auf eine bestimmte
Anzahl von abstrakten Handlungsträgern und Handlungselementen zurückgeführt werden
kann.
Algirdas J. Greimas versucht dann 1970 eine universelle Erzählgrammatik zu entwerfen,
mit deren Hilfe die Struktur jedes Erzähltextes (und nicht nur von Märchen) erfasst
werden sollte (Greimas 1970, 1972b). Er geht von Oppositionen abstrakter Konzepte
(z.B. gut/böse, tot/lebendig) aus, die verzeitlicht werden und von Aktanten dargestellt
werden: Zum Beispiel: Der gute Held tötet den bösen Gegenspieler. Auf der Oberfläche
des Textes kann diese Tiefenstruktur durch verschiede Arten von Helden (einzelner
oder Gruppe, männlich oder weiblich, Antihelden wie Frodo im Herrn der Ringe) und
verschiedene Handlungen (verschiedene Todesarten, die schnell zu einem Ergebnis führen
oder erst nach langer Zeit).
Claude Bremond entwickelt etwa zeitgleich das Konzept der ‚narrativen Rollen’, um
die Grundstruktur von Erzähltexten zu beschreiben (Claude Bremond 1973).
Greimas und Bremond untersuchen hauptsächlich stark schematisierte Erzählformen wie
Myhten, Märchen und Novellen und für solche Formen scheinen die Handlungsgrammatiken
auch das fruchtbarste Feld zu sein. Weitere Untersuchungen wurden z.B. zu Epos, Abentuer-
und Agentenroman und zu Detektivgeschichten unternommen.
Viktor Sklovskij z.B. arbeitet die Schemata von Sherlock Holmes-Detektivgeschichten
heraus und Umberto Eco hat Aktantenoppositionen und wiederkehrende Handlungslemente
in den James Bond-Agentenromane aufgezeigt. (Beide in Vogt 1972 a)