Textbeispiel:
...
FRANZISKA: Wir wollen uns gleich auch putzen und sodann essen. Wir behielten Sie gerne
zum Essen, aber Ihre Gegenwart möchte uns am Essen hindern; und sehen Sie, so gar
verliebt sind wir nicht, dass uns nicht hungerte.
TELLHEIM: Ich geh! Franziska, bereite sie indes ein wenig vor, damit ich weder in
ihren noch in meinen Augen verächtlich werden darf. – Komm, Werner, du sollst mit
mir essen.
WERNER: An der Wirtstafel hier im Hause? Da wird mir kein Bissen schmecken!
TELLHEIM: Bei mir auf der Stube.
WERNER: So folge ich Ihnen gleich. Nur noch ein Wort mit dem Frauenzimmerchen.
TELLHEIM: Das gefällt mir nicht übel. (Geht ab.)
11. AUFTRITT
FRANZISKA: Nun, Herr Wachtmeister? –
WERNER: Frauenzimmerchen, wenn ich wiederkomme, soll ich auch geputzt kommen?
FRANZISKA: Komm er wie er will, Herr Wachtmeister, meine Augen werden nichts wider
ihn haben. …
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…
FRANZ: … Der milzsüchtige, podagrische Moralist von einem Gewissen mag runzligte Weiber
aus Bordellen jagen, und alte Wucherer auf dem Todesbett foltern – bei mir wird er
nimmermehr Audienz bekommen! (Er geht ab.)
3. SZENE
Anderes Zimmer im Schloß
Räuber Moor von der einen Seite, Daniel von der anderen.
MOOR (hastig): Wo ist das Fräulein?
DANIEL: Gnädiger Herr! Erlaubt einem armen Mann, Euch um etwas zu bitten.
Gotthold Ephraim Lessing: Minna von Barnhelm