»Anakreontiker« und »Hallescher Dichterkreis«

Zur Mitte des 18. Jahrhunderts hin gewannen Strömungen wie der »Prä-Rousseauismus« an Gewicht, die den Rationalismus verdrängten. Sie entfalteten sich in thematisch in einer doppelten Reihe, indem sie einerseits ein neues Menschenbild und andererseits ein neues Verhältnis zur Natur entwickelten. Diese neue Naturauffassung erreichte ihren ersten Höhepunkt im Kreis der »Anakreontiker«, deren Name sich vom griechischen Schäferdichter Anakreon ableitete. Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Johann Peter Uz und Johann Nikolaus Goetz fanden zwischen 1740 und 1750 in ihrem »Halleschen Dichterkreis« einen neuen Ton der Naturbeschreibung, der sich schließlich mit Friedrich von Hagedorns Sammlung Neuer Oden und Lieder etablieren konnte. Die Naturbeschreibung stand bei den Anakreontikern zwar nach wie vor in festen Traditionen, diese wurden nun jedoch spielerisch gehandhabt und lieferten nicht mehr starre Regeln, sondern vielmehr Vorbilder, die variiert werden konnten. Die beschriebene Natur blieb dabei zwar künstlich und konventionell, die Form der Beschreibung wurde jedoch geschmeidiger.
Des Weiteren bildete die Natur den Rahmen für eine neue Form der Geselligkeit und des Freundschaftskultes. In der Etablierung dieses literarischen Freundschaftskultes hatte die Anakreontik hat ihren eigentlichen Verdienst, weil sie so das starre, am Barock orientierte Charakter- und Sozialmodell der rationalistischen Aufklärung auflöste und das Gemeinschaftsleben stattdessen auf Innerlichkeit und Empfindsamkeit gründete.
Auch wenn sie nicht ihrem Umkreis angehörten, standen Salomon Geßners Idyllen (1756) diesen Idealen und Konzeptionen der Anakreontik dennoch nahe. Geßner beschrieb darin ein ideales Leben in der Natur, genauer gesagt in einer Schäfer- und Hirtenwelt. Obwohl es sich dabei um ein rein literarisches Konstrukt handelte, waren die Idyllen, die eine stilisierte Gegenform zur Lebenswirklichkeit der damaligen Zeit entwarfen, politisch gemeint. Die Idyllen gelten zudem als erstes deutschsprachiges Werk, das einen europaweiten Erfolg verzeichnen konnte.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 65f.

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»Anakreontiker«/»Hallescher Dichterkreis«
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