Besondere Gesprächsformen

Nicht alle Dialoge im Drama dienen demselben Zweck. So können Gespräche der Figuren handlungstreibend sein, oder zumindest auf einer Seite zu einem Erkenntnisgewinn beitragen. Während dramatische Rede immer diesbezüglich untersucht werden sollte, bieten sich hier die gebräuchlichen Formen des
Botenberichts
Botenbericht
Fiktionsinterne sprachliche Darstellung eines zum Zeitpunkt der Präsentation vergangenen, für die Haupthandlung bedeutenden Ereignisses.
, der
Teichoskopie
Teichoskopie
Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen, jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem Ereignis.
und der
Vertrautenrede
Vertrautenrede
Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.
zu genauerer Analyse an, da sie von vorn herein bestimmte dramaturgische Funktionen erfüllen.
Fragestellung:
Haben wir es im folgenden Auftritt mit
Textbeispiel:
ANTILOCHUS. Wann trug, wo, das Entsetzliche sich zu?
DER HAUPTMANN. Ein neuer Anfall, heiß, wie Wetterstrahl,
Schmolz, dieser wutherfüllten Mavorstöchter,
Rings der Ätolier wackre Reihen hin,
Auf uns, wie Wassersturz, hernieder sie,
Die unbesiegten Myrmidonier, gießend.
Vergebens drängen wir dem Fluchtgewog
Entgegen uns: in wilder Überschwemmung
Reißt's uns vom Kampfplatz strudelnd mit sich fort:
Und eher nicht vermögen wir den Fuß,
Als fern von dem Peliden fest zu setzen.
Erst jetzo wickelt er, umstarrt von Spießen,
Sich aus der Nacht des Kampfes los, er rollt
Von eines Hügels Spitze scheu herab,
Auf uns kehrt glücklich sich sein Lauf, wir senden
Aufjauchzend ihm den Rettungsgruß schon zu:
Doch es erstirbt der Laut im Busen uns,
Da plötzlich jetzt sein Viergespann zurück
Vor einem Abgrund stutzt, und hoch aus Wolken
In grause Tiefe bäumend niederschaut.
Vergebens jetzt, in der er Meister ist,
Des Isthmus ganze vielgeübte Kunst:
Das Roßgeschwader wendet, das erschrockne,
Die Häupter rückwärts in die Geißelhiebe,
Und im verworrenen Geschirre fallend,
Zum Chaos, Pferd' und Wagen, eingestürzt,
Liegt unser Göttersohn, mit seinem Fuhrwerk,
Wie in der Schlinge eingefangen da.
Heinrich von Kleist: Penthesilea, 2. Auftritt (Ausschnitt)
Wie man am Tempus der beiden ersten Sätze erkennen kann, wird nach einem Ereignis aus der Vergangenheit gefragt bzw. davon berichtet.Es handelt sich nicht um eine
Mauerschau
Teichoskopie
Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen, jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem Ereignis.
, da das Ereignis, von dem berichtet wird, nicht gleichzeitig sattfindet.
Es handelt sich nicht um eine
Vertrautenrede
Vertrautenrede
Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.
, weil es keine Anzeichen einer Vertrauensbeziehung zwischen den beiden gibt.
Fragestellung:
Liegt im folgenden Auftritt ein
Botenbericht
Botenbericht
Fiktionsinterne sprachliche Darstellung eines zum Zeitpunkt der Präsentation vergangenen, für die Haupthandlung bedeutenden Ereignisses.
und/oder eine
Teichoskopie
Teichoskopie
Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen, jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem Ereignis.
und/oder eine
Vertrautenrede
Vertrautenrede
Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.
vor? Markieren Sie diejenigen Stellen, auf die sie ihre Entscheidung stützen.
Textbeispiel:
DIE ERSTE PRIESTERINN. Ihr Kinder! Seht ihr noch die Königinn nicht?
DAS ERSTE MÄDCHEN. (auf dem Hügel) Wohl, wohl! Das ganze Feld erglänzt – da ist sie!
DIE ERSTE PRIESTERINN. Wo zeigt sie sich?
DAS MÄDCHEN. An aller Jungfrau'n Spitze!
Seht, wie sie in dem goldnen Kriegsschmuck funkelnd,
Voll Kampflust ihm entgegen tanzt! Ist's nicht,
Als ob sie, heiß von Eifersucht gespornt,
Die Sonn' im Fluge übereilen wollte,
Die seine jungen Scheitel küßt! O seht!
Wenn sie zum Himmel auf sich schwingen wollte,
Der hohen Nebenbuhl'rinn gleich zu sein,
Der Perser könnte, ihren Wünschen fröhnend,
Geflügelter sich in die Luft nicht heben!
DIE OBERPRIESTERINN. (zur Hauptmänninn)War keine unter allen Jungfrau'n denn,
Die sie gewarnt, die sie zurückgehalten?
DIE HAUPTMÄNNIN. Es warf ihr ganzes fürstliches Gefolge
Sich in den Weg ihr: hier auf diesem Platze
Hat Prothoe ihr Aeußerstes gethan.
Jedwede Kunst der Rede ward erschöpft.
Nach Themiscyra sie zurückzuführen.
Doch taub schien sie der Stimme der Vernunft:
Vom giftigsten der Pfeile Amors sei,
Heißt es, ihr jugendliches Herz getroffen.
DIE OBERPRIESTERINN. Was sagst du?
DAS ERSTE MÄDCHEN. (auf dem Hügel) Ha, jetzt treffen sie einander!
Ihr Götter! Haltet eure Erde fest –
Jetzt, eben jetzt, da ich dies sage, schmettern
Sie, wie zwei Sterne, auf einander ein!
Heinrich von Kleist: Penthesilea, 7. Auftritt (Ausschnitt)
Teichoskopie
Teichoskopie
Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen, jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem Ereignis.
und
Botenbericht
Botenbericht
Fiktionsinterne sprachliche Darstellung eines zum Zeitpunkt der Präsentation vergangenen, für die Haupthandlung bedeutenden Ereignisses.
Fragestellung:
Liegt im folgenden Auftritt ein
Botenbericht
Botenbericht
Fiktionsinterne sprachliche Darstellung eines zum Zeitpunkt der Präsentation vergangenen, für die Haupthandlung bedeutenden Ereignisses.
und/oder eine
Teichoskopie
Teichoskopie
Mauerschau. Mündlicher Bericht einer Bühnenfigur von einem räumlich nahen, zeitgleichen, jedoch für Publikum und weiteres Bühnenpersonal nicht offen sichtbaren, handlungstragendem Ereignis.
und oder eine
Vertrautenrede
Vertrautenrede
Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.
vor? Markieren Sie diejenigen Stellen, auf die sie ihre Entscheidung stützen.
Textbeispiel:
(Das Fräulein und hierauf Franziska)
FRÄULEIN. Ich habe ihn wieder! - Bin ich allein? - Ich will nicht umsonst allein sein. (Sie faltet die Hände.) Auch bin ich nicht allein! (Und blickt aufwärts.) Ein einziger dankbarer Gedanke gen Himmel ist das willkommenste Gebet! - Ich hab ihn, ich hab ihn! (Mit ausgebreiteten Armen.) Ich bin glücklich! und fröhlich! Was kann der Schöpfer lieber sehen als ein fröhliches Geschöpf! - (Franziska kömmt.)Bist du wieder da, Franziska? - Er jammert dich? Mich jammert er nicht. Unglück ist auch gut. Vielleicht, daß ihm der Himmel alles nahm, um ihm in mir alles wiederzugeben!
FRANZISKA. Er kann den Augenblick hier sein. - Sie sind noch in Ihrem Neglige, gnädiges Fräulein. Wie, wenn Sie sich geschwind ankleideten?
FRÄULEIN. Geh! ich bitte dich. Er wird mich von nun an öftrer so als geputzt sehen.
FRANZISKA. Oh, Sie kennen sich, mein Fräulein.
FRÄULEIN. (nach einem kurzen Nachdenken). Wahrhaftig, Mädchen, du hast es wiederum getroffen.
FRANZISKA. Wenn wir schön sind, sind wir ungeputzt am schönsten.
FRÄULEIN. Müssen wir denn schön sein? - Aber daß wir uns schön glauben, war vielleicht notwendig. - Nein, wenn ich ihm, ihm nur schön bin! - Franziska, wenn alle Mädchens so sind, wie ich mich jetzt fühle, so sind wir - sonderbare Dinger. - Zärtlich und stolz, tugendhaft und eitel, wollüstig und fromm - Du wirst mich nicht verstehen. Ich verstehe mich wohl selbst nicht. - Die Freude macht drehend, wirblicht. -
FRANZISKA. Fassen Sie sich, mein Fräulein; ich höre kommen -
FRÄULEIN. Mich fassen? Ich sollte ihn ruhig empfangen?
Gotthold Ephraim Lessing: Minna von Barnhelm, 2. Aufzug, 7. Auftritt
Vertrautenrede
Vertrautenrede
Gespräch zwischen Protagonist und einer ihm fest zugeordneten, sein volles Vertrauen genießenden Bühnenperson. Sie dient besonders der Informationsvergabe über Gedanken, Gefühle und Absichten des Protagonisten.

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