Textmontage

Textmontage: Verschieden Textstücke, die unterschiedlich fokalisiert sind und von unterschiedlichen Stimmen gesprochen werden, werden in einer Erzählung hintereinander gestellt.
Um sich bei diesem modernen Erzählverfahren zurechtzufinden, lohnt es sich, sich immer wieder die Frage „Wer spricht?“ zu stellen und diese auch von „Wer sieht?“ abzugrenzen. Der Begriff des ‚Erzählers’ stößt hier an seine Grenze, weil es oftmals eben keinen einheitlichen Erzähler mehr gibt.
Erläuterung:
Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz erzählt bekanntlich nicht nur - wie es im Untertitel heißt - „die Geschichte vom Franz Biberkopf“, sondern präsentiert dem Leser auch ein Panorama der Stadt Berlin um 1927. Dieses ist in erster Linie ein Panorama von „Stimmen“ - so etwa, wenn der Erzähler (dem wohl der erste Satz des folgenden Textausschnitts zuzuordnen ist) zurücktritt, um einen (wohl authentischen) Wetterbericht und seine „Stimme“ zu Wort kommen zu lassen:
Textbeispiel:
Der Rosenthaler Platz unterhält sich.
Wechselndes, mehr freundliches Wetter, ein Grad unter Null. Für Deutschland breitet sich ein Tiefdruckgebiet aus, das in seinem ganzen Bereich dem bisherigen Wetter ein Ende bereitet hat. [usw.]
Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz
Erläuterung:
In solchen Fällen liegt also eine Textmontage (im narratologischen Sinn) vor.
Fragestellung:
Das erste Kapitel von Edlef Köppens Roman Heeresbericht über den ersten Weltkrieg, in dem die Kriegserlebnisse des (fiktiven) Soldaten Adolf Reisiger geschxildert werden, beginnt - vor Einsetzen der eigentlichen Erzählung - mit einer Reihe von (kursiv gedruckten) authentischen Dokumenten, darunter dem kaiserlichen Mobilmachungsbefehl für die Armee des Deutschen Reiches: Liegt in einem solchen Fall
Textbeispiel:
Ich bestimme hiermit:
Das Deutsche Heer und die Kaiserliche Marine sind nach Maßgabe des Mobilmachungsplans für das deutsche Heer und die kaiserliche Marine kriegsbereit aufzustellen.
Der 2. August 1914 wird als erster Mobilmachungstag festgesetzt.
Berlin, den 1. August 1914
Wilhelm I.R.
von Bethmann Hollweg
Edlef Köppen: Heeresbericht
Der Mobilmachungsbefehl stammt zwar vom Kaiser. Er wird aber - auch durch die Einordnung in eine ganze Reihe von Dokumenten - als authentisches Dokument präsentiert. Die Präsentation dieses Dokuments kann wiederum weder dem Erzähler des eigentlichen Romangeschehens zugeordnet werden, noch wird sie einer der erzählten Figuren zugewiesen. Es liegt also ein Fall von Textmontage vor.Der Mobilmachungsbefehl stammt zwar vom Kaiser. Er wird aber - auch durch die Einordnung in eine ganze Reihe von Dokumenten - als authentisches Dokument präsentiert. Die Präsentation dieses Dokuments kann wiederum weder dem Erzähler des eigentlichen Romangeschehens zugeordnet werden, noch wird sie einer der erzählten Figuren zugewiesen. Es liegt also ein Fall von Textmontage vor.

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