Daniel Casper von Lohenstein

Der aus Schlesien stammende Daniel Casper von Lohenstein gilt neben Andreas Gryphius als zweiter Protagonist des barocken Dramas in Deutschland. Seine sechs Trauerspiele lassen sich nach stofflichen Gesichtspunkten paarweise gruppieren: In der formalen Gestaltung folgte Lohenstein mit der Strukturierung in fünf Akte und dem Dualismus von » Abhandelungen« und »Reyen« dem Vorbild von Gryphius. In der Durchführung wich Lohenstein jedoch weit von Gryphius ab, indem er die Eindeutigkeit der Charaktergestaltung aufhob, die Verwirrung der politischen Handlungsabläufe steigerte und die constantia aufgab beziehungsweise durch die prudentia ersetzte, also durch ein politisch kluges und am Erfolg orientiertes Verhalten der Figuren.
Seit Martin Opitz war das barocke Theater ein »Theater der Grausamkeit«, welches bei Lohensteins Dramen mit ihrer detaillierten Beschreibung von Folter und Hinrichtung seinen Höhepunkt erreichte. Zugleich waren Lohensteins Trauerspiele auf dem Weg zu einer neuen Konzeption des Geschichtsdramas. Sie liefen nicht mehr auf eine eindeutige Moral und Aussage hinaus und die Geschichte erschien in ihnen nicht mehr als reine göttliche Schicksalsfügung, sondern ging aus einem Geflecht von politischen Handlungen hervor.
Die Autoren Andreas Gryphius, Daniel Casper von Lohenstein, Johann Christian Hallmann und August Adolf von Haugwitz werden unter dem Begriff »schlesisches Kunstdrama« zusammengefasst. Sie markierten den Versuch, die Grenzen des Schultheaters zu überwinden, was ihnen in formaler und inhaltlicher Hinsicht auch gelang. Dennoch blieben die Dramen Lohensteins und Gryphius‘ weiterhin institutionell in der Schultheatertradition mit deren didaktischen und materiellen Voraussetzungen verankert. Im 16. Jahrhundert wurden Dramen vorwiegend an Schultheatern aufgeführt, um im Rahmen des Schulunterrichts eine moralische Unterweisung sowie eine unmittelbare rhetorische, gestische und mimische Disziplinierung der Schüler zu bieten und um Repräsentationszwecke der Schulen in der städtischen Öffentlichkeit zu erfüllen.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 40-43.

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