Andreas Gryphius

Der aus Schlesien stammende Andreas Gryphius ist als Leitfigur der Barockliteratur anzusehen. Zu seinen bedeutendesten frühen Werken zählen der Prosatext Fewrige Freistadt (1637), in dem Gryphius einen Brand zum Anlass nimmt, um Kritik an den mangelnden Vorkehrungen der städtischen Verwaltung gegenüber Feuersbrünsten zu üben, sowie die Gedichtsammlung Sonnete (1637) und weitere lyrische Sammlungen, deren Themenwahl nahezu ausschließlich religiös bestimmt war.
In Gryphius‘ Werk tritt der Leitgedanke der Vergänglichkeit der Welt und damit das traditionelle vanitas-Motiv stark hervor, das lange Zeit als typisch für die Barockliteratur aufgefasst wurde. Gryphius propagierte dabei ein dualistisches Weltbild, in dem das irdische Dasein nur einen Übergang und eine Bewährungsprobe für das Jenseits darstellte. Bei keinem anderen bedeutenden Barockdichter findet sich die religiös fundierte Radikalität von Gryphius‘ pessimistischer Weltsicht. Charakteristisch für die Barocklyrik ist stattdessen vielmehr das Mit- und Nebeneinander von Weltzugewandtheit und -abkehr.
In seinen Dramen griff Gryphius das auf, was Martin Opitz vorgegeben hatte und hob es auf ein neues Niveau. Die Vorbilder für die formale Gestaltung seiner Dramen waren die Werke der zeitgenössischen Dramatiker Joost van den Vondel und Nicolas Caussinus, von denen er sich hinsichtlich der Strukturierung der Dramen in fünf Akte, der Alexandrinerform und des Dualismus von »Abhandelungen« und »Reyen« inspirieren ließ. Das Hauptthema seiner Tragödien blieb dabei die »vergänglichkeit menschlicher sachen«, womit die vanitas-Thematik und der Dualismus der Lyrik hier wiederkehrten.
Neben vielen Trauerspielen im engeren Sinne schrieb Gryphius das Drama Cardenio und Celinde (1657), das als Mischform zwischen Lust- und Trauerspiel gattungstypologisch nicht klar zuzuordnen ist. In seinem ersten Trauerspiel Leo Armenius (1650) behandelte Gryphius einen historischen Stoff aus dem 9. Jahrhundert, in Catharina von Georgien (1657) übernahm er dann einen fast noch zeitgenössischen Stoff, in Carolus Stuardus (1657) begab er sich mitten in das aktuelle politische Geschehen seiner Zeit und in seinem letzten Trauerspiel Papinianus (1659) griff er dann erneut einen historischen Stoff auf. Gryphius lehnte sich dabei eng an die historischen Quellen an und schrieb historisch-politische Trauerspiele, in denen er die politischen Probleme seiner Zeit behandelte. Zudem thematisierte er auch die Rolle des Individuums, allerdings konnte sich seine Konzeption der in ihrer constantia, das heißt in ihrer Beharrlichkeit erstarrten Charaktere nicht durchsetzen. Stattdessen sollte die dramengeschichtliche Zukunft den zerrissenen Charakteren gehören, die an ihrem widerständigen Schicksal zerbrechen.
Gryphius hatte jedoch nicht nur im Bereich der Tragödie, sondern auch in dem der Komödie eine epochenmachende Wirkung mit seinen Werken. Hervozuheben ist dabei zum einen sein Peter Squentz, bei dem Gryphius mit der Einführung höfischen Personals die Ständeklausel ignorierte und zugleich eine satirische Gesellschaftskritik übte, sowie zum anderen sein Horribilicribrifax, der thematisch in der miles gloriosus-Tradition des Plautus stand und formal dem Vorbild der italienischen »commedia dell‘arte« folgte.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 35-40.

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Gryphius
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