Humanismus

In den Jahren um 1500 etablierte sich in Deutschland der Humanismus als Erbe der italienischen Renaissance. Gefördert wurde die Entwicklung des europäischen Humanismus durch die Eroberung Konstantinopels im Jahr 1453 und die damit einhergehende Vertreibung der byzantinischen Gelehrten, die zur Ausbreitung ihrer humanistischen Gelehrsamkeit führte. Zudem wurden die Ideen der Renaissancekultur insbesondere von den sogenannten »Trecentisten« verbeitet, den drei herausragenden italienischen Dichtern der damaligen Zeit: Dante Alighieri, Francesco Petrarca und Giovanni Boccaccio. Die Wiederentdeckung antiker Ideale wurde durch die Tätigkeit der humanistischen Gelehrten begleitet und abgesichert, die sich dabei auch als erste systematisch des Buchdrucks bedienten. Als Protagonist der humanistischen Bewegung gilt jedoch Desiderius Erasmus von Rotterdam.
Die humanistische Kultur des 15. und 16. Jahrhunderts war eine Diskussions- und Kommunikationskultur, deren Leistungen als Resultat intensiven geistigen Austauschs anzusehen sind. Die Humanisten unterhielten durch ihre Reisen und ihre Korrespondenzen ausgedehnte Beziehungen zueinander. Dabei wurden der Brief zu einem zentralen Medium der Diskussion und das »Gespräch« zur maßgeblichen Form der Wissenserzeugung und -vermittlung. Diese Kommunikationskultur der Mündlichkeit wurde zunächst von der Kultur des Buchdrucks untermauert und schließlich durch eben jene abgelöst. Rotterdam war dabei der erste unter den Humanisten, der sich der Möglichkeiten dieses neuen Mediums geschickt zu bedienen wusste.
Die humanistische Bewegung war maßgeblich für die Herausbildung eines neuzeitlichen Welt- und Menschenbildes verantwortlich. Die Ablösung der bisherigen Tradition setzte sich dabei im Rahmen einer Berufung auf die Tradition der Antike durch. Mit dieser Strategie konnte auch die scholastische Schultradition überwunden werden.
Der Humanismus verstand sich grundsätzlich eher als eine Gelehrsamkeitskultur, die ihre politischen Wirkungen allenfalls halbherzig und meist ungewollt entfaltete. In Deutschland griff der Humanismsus die Bestreben der italienischen Renaissancekultur auf und formulierte auf ihrer Grundlage das Selbstverständnis der Neuzeit. Seine Grundlage war dabei das neue Menschenbild, das am Ende des 15. Jahrhunderts von Giovanni Pico della Mirandola in seinem Werk De dignitate hominis mit dem Menschen als das vollkommenste aller Geschöpfe formuliert wurde. Insgesamt war der Humanismus optimistisch gestimmt und entwarf ein freundliches Bild von der Welt und den Menschen. Er entwickelte in diesem Zuge auch jene Grundzüge des Glaubens an den kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt, der das Europa der Neuzeit auszeichnete. Eine extreme Außenseiterstellung nahm hierbei jedoch Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim mit seinem Werk Eitelkeiten und Unsicherheiten in den Wissenschaften und Künsten (1530) ein, in dem er einen umfassenden Skeptizismus propagierte, der sich direkt gegen den Fortschrittsglauben richtete.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 10-13.

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