Teile der Rede
Bei dem variierbaren und dem Thema anzupassenden Grundaufbau jeder Rede sind für den
Literaturwissenschaftler besonders zwei Aspekte relevant. Zum einen sind viele literarische
Texte durch rhetorische Grundprinzipien wie z.B. den Aufbau (der Rede/des Textes)
geprägt. Zum anderen kann dieser Grundaufbau auch bei der eigenen Textproduktion (nicht
nur) des Literaturwissenschaftlers als Richtlinie dienen.
In der (klassischen) Rhetorik werden – neben möglichen anderen und weiteren Differenzierungen
– grundsätzlich vier Teile einer Rede bzw. eines Textes unterschieden:
- Das exordium (lat.: Anfang) soll als Einleitung zu der Behandlung der Sache und dem vertretenen
Standpunkt hinführen. Ziel des Redners ist es, das Interesse des Publikums zu wecken,
für die eigene Argumentation empfänglich zu machen und so bereits zu Anfang die Sympathie,
das Verständnis und die Aufmerksamkeit der Zuhörer bzw. der Leser für den Rede- bzw.
Textgegenstand zu gewinnen. Das exordium dient vor allem dem
delectare
delectare
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Wohlwollen und Lust/Freude
.
- Die narratio (lat.: Erzählung) umfasst zusammen mit der argumentatio den Hauptteil der Rede bzw.
des Textes. In ihr sollen möglichst knapp und präzise das Thema und die dazugehörigen
Sachverhalte dargestellt, berichtet oder erzählt werden. Generell werden diesem Teil
auch eventuell eingebaute Abschweifungen oder Exkurse zugeordnet. Die narratio dient
vor allem dem
docere
docere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
.
- Die argumentatio (lat.: Beweisführung) ist der wichtigste beweisführende Teil der Rede bzw. des Textes.
Sie gliedert das Thema, formuliert Thesen und Schlussfolgerungen und vervollständigt
damit nach der narratio den Hauptteil. Die Beweisführung erfolgt durch Ausdeutung
der vorgestellten Sachverhalte, Anführung von Belegbeispielen sowie anerkannten Grundsätzen
und durch logische Schlussfolgerungen. Auch hier dominiert in der Regel das
docere
docere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
.
- Die peroratio (lat.: Schlussrede) macht den Schlussteil der Rede oder eines Redeteils aus. Einerseits
sollen hier die wesentlichen Thesen, Punkte und Aspekte der Rede zusammengefasst werden,
um sie dem Gedächtnis des Publikums einzuprägen. Andererseits soll die Quintessenz
des dargestellten Sachverhalts explizit hervorgehoben werden, um den Hörer bzw. Leser
vollends für den vertretenen Standpunkt zu gewinnen. Die peroratio tendiert vor allem
zum
movere
movere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Leidenschaften bzw.
durch Affekterregung.
.
© Uwe Spörl / Letzte inhaltliche Änderung am: 08.04.2007