elocutio (mit ornatus)
lat.: der (sprachliche) Ausdruck
elocutio: drittes Produktionsstadium der Rhetorik: Umsetzung des strukturierten
Redestoffes in sprachlichen Ausdruck bzw. Text
In dieser Phase der Rede- oder Textproduktion geht es darum, die in der
inventio
inventio
erstes Produktionsstadium der Rhetorik: Finden der Gedanken und Möglichkeiten, die
sich aus einem Thema bzw. aus einer Fragestellung entwickeln lassen
gefundenen und in der
dispositio
dispositio
zweites Produktionsstadium der Rhetorik: Auswahl, Gewichtung, Anordnung und Gliederung
des in der inventio ‚gefundenen’ Stoffes
angeordneten Stoffe und
Gedanken zu einem Thema bzw. Redegegenstand (
res
res - verba
minimale Semantik der Rhetorik: Verbale (oder anderweitig repräsentierende) Zeichen
(verba) repräsentieren Gedanken, Dinge und Sachverhalte (res)
) unter Berücksichtigung des Zweckes
und Äußerungszusammenhangs in sprachlichen Ausdruck (
verba
res - verba
minimale Semantik der Rhetorik: Verbale (oder anderweitig repräsentierende) Zeichen
(verba) repräsentieren Gedanken, Dinge und Sachverhalte (res)
) zu überführen. Es ist somit das
Produktionsstadium, das direkt mit der Herstellung von Text verbunden
ist.
Die klassische Rhetorik kennt vier ‚Tugenden’, also Normen oder
Zielvorstellungen für die elocutio:
-
aptum
aptum
Norm der Rhetorik: wirkungsorientierte Abstimmung von Elementen oder Momenten
aus unterschiedlichen Bereichen des Textes bzw. der Textproduktion
: die Angemessenheit – Die Tugend des aptum besagt, dass der Redner sämtliche Bestandteile
der sprachlichen Äußerung an deren Inhalte und Gegenstände (inneres aptum) ebenso anpasst wie an
die Zwecksetzung, den Äußerungszusammenhang und an das Publikum (äußeres aptum). Ziel ist eine in sich
geschlossene Fügung und Einfügung der Rede bzw. des Textes.
- latinitas: die
Sprachrichtigkeit (ursprünglich bezogen auf die lateinische
Sprache) – Die Tugend der latinitas besagt, dass der Text bzw. die Rede den
jeweiligen sprachlichen Regeln entspricht, also sprachlich korrekt
ist.
- perspicuitas: die
Durchschaubarkeit, Transparenz – Die Tugend der perspicuitas meint die Deutlichkeit und
Verständlichkeit der Rede, die vom Redner in allen Produktionsstadien der
Rede zu beachten sind.
- ornatus: der
Redeschmuck – Die Tugend des ornatus besagt, dass die gefundenen Gedanken in
‚schönen Worten’ (oder in besonders prägnanten, in besonders auffälligen, in
besonders pointierten oder besonders emotionalen ... Worten) zum Ausdruck
gebracht werden. Die Rede ist dadurch mehr als nur deutlich, einleuchtend
(also stimmig im Sinne des inneren
aptums) und grammatisch richtig. Sie soll für den Zuhörer
nicht nur belehrend, sondern auch unterhaltend und mitreißend sein. Somit
fallen die rhetorischen Figuren ebenso wie die Tropen in den Bereich des
rhetorischen und sprachkünstlerischen ornatus (vgl. rhetorische
Textanalyse). Im Gegensatz zu den drei ersten Tugenden
der elocutio, die unmittelbar an Normen orientiert sind, beruht der ornatus
eher auf der bewussten und zweckorientierten Abweichung von
(konventionellen) Normen (vgl.
ars –
natura
ars - natura
Ein (quasi) natürlicher (Normal-)Zustand steht einer künstlichen, bewusst gemachten
und mit Zwecken behafteten Abweichung von der Norm gegenüber
).
© Uwe Spörl / Letzte inhaltliche Änderung am: 08.04.2007
|
|
|
elocutio (mit ornatus)
|