Wandlung des Literaturverständnisses im Humanismus

Auch wenn der Humanismus an sich nur wenig zur deutschen Literatur beigetragen hat, so vermittelte er ihr doch neue Ideen und vor allem eine neue soziale Basis. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts gruppierten sich die Zentren des kulturellen und literarischen Lebens um, wobei nun neben den Höfen auch Städte und Universitäten zu Kristallisationspunkten wurden. Im Zuge dieser Entwicklungen bildete sich ein spezifisches Literaturverständnis aus. Dabei begriff sich Literatur einerseits als eine Form der Gelehrsamkeit, die so zum Gegenstand der Ausbildung an Schulen und Universitäten werden konnte, andererseits blieb sie aber dennoch eine Nebenbeschäftigung, sodass literarische Werke zumeist ein beiläufiges Randresultat wissenschaftlicher oder theologischer Bemühungen waren.
Eine eigene Dichtungstheorie bildete sich im Deutschland des 15. und 16. Jahrhunderts jedoch nicht heraus. Damit stand Deutschland in einem Kontrast zu anderen Ländern wie Italien, Spanien und Frankreich, in denen sich bereits seit der Renaissance eine feste Auffassung dessen, was Literatur ist und was sie leisten kann, entwickelt hatte. Dazu knüpften diese Länder an die antike Tradition und hierbei insbesondere an die aristotelische Poetik an, die seit ihrer Wiederentdeckung am Ende des 14. Jahrhunderts einen Markstein der poetologischen Entwicklung bildete, an dem sich die Dichtungstheorien der folgenden Jahrhunderte maßen und orientierten.
Im deutschsprachigen Raum wurden zunächst keine vergleichbaren Anstrengungen vorgenommen. Stattdessen ging die deutsche Literaturentwicklung einen Sonderweg, markiert durch Zudem bildete auch die zunächst geringe Bedeutung der volkssprachlichen Literatur in Deutschland einen bedeutsamen Unterschied zu den europäischen Nachbarkulturen.
Vgl. Brenner: Neue deutsche Literaturgeschichte, S. 15f.

|
|
|
|
Wandlung des Literaturverständnisses
|