Tatsachen, die zur Charakterisierung einer Figur in der erzählten Welt beitragen

Charakterisierung: Prozess der Bindung stabiler figurenbezogener Tatsachen an eine Figur.
Bezogen auf Menschen ist unter ‚Charakterisierung’ eine Summe typischer psychischer Eigenschaften zu verstehen, beschreibbar unter charakterpsychologischen Stichworten wie z.B. ‚extrovertiert’. Diese umgangssprachliche Verwendung von ‚Charakterisierung’ ist für erzähltheoretische Zwecke nur beschränkt brauchbar, da nicht-psychische Merkmale so unberücksichtigt bleiben.
Aus diesem Grund sollen alle diejenigen figurenbezogenen Tatsachen als Teil der Charakterisierung gelten, die - bezogen auf den Zeitverlauf der erzählten Welt - stabil bleiben. Angaben über die räumliche Position von Figuren gehören dann meistens nicht zur Charakterisierung, aber z.B. im Mythos von Atlas, der im äußersten Westen das Himmelsgewölbe tragen muss, ist diese Ortsangabe Teil der Charakterisierung.
Die Entscheidung ob eine figurenbezogene Tatsache als stabil oder nicht angesehen wird, hängt nicht nur vom Text, sondern auch von historischem, kulturellem Wissen ab. In Bezug auf Figuren gibt es drei besonders wichtige Typen von historischem, kulturellem Wissen:
Eine fruchtbare Beschreibung einer Figur ist also mechanisch aus dem Text allein kaum zu erstellen, da historisches Wissen eine wesentliche Rolle schon für die Schlussfolgerungsprozesse spielt, die die Fakten in der erzählten Welt konstituieren - ganz zu schweigen von darüber hinausgehenden Bedeutungszuweisungen.

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Tatsachen, die zur Charakterisierung einer Figur in der erzählten Welt beitragen
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