prodesse – delectare
lat. prodesse: nützen – lat. delectare: erfreuen
Eng mit der rhetorischen Wirkungskonzeption der
persuasio
persuasio
Die Annahme einer bestimmten Überzeugung (persuasio) durch den Adressaten des Textes
ist die Zielvorgabe der (antiken) Rhetorik. Sie kann durch verschiedene Methoden oder
Prinzipien erreicht werden: movere, docere oder delectare.
und ihrer Wirkungstrias von
movere
movere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Leidenschaften bzw.
durch Affekterregung.
,
docere
docere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
und
delectare
delectare
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Wohlwollen und Lust/Freude
verknüpft ist die Annahme einer doppelten Wirkungspotenz der Dichtung als
prodesse und
delectare, die spätestens seit Horaz’
Poetik der abendländischen Poetologie und Literatur fest eingeschrieben ist.
Die beiden Funktionen stehen sich dabei sowohl ergänzend (vor allem in Bezug auf das
gesamte Feld der Poesie und Literatur) als auch gegenseitig ausschließend (in Bezug
auf einige spezielle Gattungen) gegenüber.
Mit dem Nutzpotential (prodesse) der Dichtung sind dabei vor allem zwei Momente verbunden:
- zum einen ein Zuwachs an Wissen und Erkenntnis (durch Informationsvermittlung –
docere
docere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
!), der insbesondere in der so genannten Lehrdichtung angestrebt und erreicht wird,
- zum anderen eine moralische Wirkung, die den Leser, Hörer oder Zuschauer ‚besser machen’
will, realisiert zum Beispiel in Fabeln oder bestimmten Dramentypen.Beide Funktionsaspekte treten spätestens gegen Mitte des 18. Jahrhunderts deutlich
zurück: Poesie und Literatur wollen nun nicht mehr als ancilla (lat.: Magd, Dienerin) anderer Instanzen (etwa Wissenschaft, Religion, Moral) dienen
und beanspruchen zunehmend Autonomie.Der andere Funktionsaspekt der Unterhaltung oder Ergötzung (
delectare
delectare
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Erregung von Wohlwollen und Lust/Freude
), der auch schon in der aristotelischen Poetik anklingt, ist hingegen eher noch mit dem modernen Literaturverständnis zu vermitteln.
Demnach dient Literatur, neben anderen möglichen Wirkungsabsichten, immer auch der
Unterhaltung des Publikums, das über Komödien und Satiren lachen will, von Krimis
angeregt unterhalten oder von lyrischen Gedichten ergriffen werden möchte.
© Uwe Spörl / Letzte inhaltliche Änderung am: 09.04.2007
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prodesse - delectare
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