Poetische Gattungen und Formen der Frühen Neuzeit
Viele, wenn nicht alle literarischen Formen und Gattungen, wie sie die Literatur der
Frühen Neuzeit ausgebildet hat, sind auf rhetorische Konzepte zu beziehen. Dies hat
seine Ursache in der Auffassung von Rhetorik als Poetik, wie sie gerade die Literatur
dieser Zeit prägt. Und natürlich hat gerade diese Ausrichtung an der Rhetorik dazu
geführt, dass solche Literatur in späteren Zeiten oftmals als fremdartig angesehen
wurde.
Einige Beispiele sollen dies belegen:
Poetische Gattungen werden im 16., 17. und 18. Jahrhundert in der Regel bestimmten
genera dicendi
genera dicendi
Stilniveau-Typologie der traditionellen Rhetorik
zugeordnet, so etwa die Ode, das Epos oder die Tragödie dem
genus grande
genus grande
(die höchste) Stilebene: hohes Stilniveau zur Erregung starker, pathetischer Affekte
.
Poetische Gattungen werden in dieser Zeit stark anlass- und themengebunden konzipiert
und realisiert, sind also grundsätzlich am
aptum
aptum
Norm der Rhetorik: wirkungsorientierte Abstimmung von Elementen oder Momenten
aus unterschiedlichen Bereichen des Textes bzw. der Textproduktion
orientiert. Dies gilt etwa für den gesamten Bereich der Gelegenheitsgedichte, poetische
Texte für und zu bestimmten Gelegenheiten (etwa Hochzeitsgedichte etc.).
Zudem operieren zahlreiche Gattungen und Texte der Frühen Neuzeit mit
bildlichen Redeweisen wie der
Allegorie
Allegorie
Darstellung eines eigentlich gemeinten Komplexes durch uneigentlich Gesagtes, das
mit diesem in einer Ähnlichkeits- oder Analogiebeziehung steht
, so etwa die Fabel, die Parabel, das Rätsel oder – verbunden mit Bildelementen –
das
Emblem
Emblem
Gattung/Textsorte: aus Überschrift, Bild und Text zusammengesetzter bimedialer Komplex,
in dem die einzelnen Bestandteile durch Ähnlichkeits- oder andere Verweisungszusammenhänge
miteinander verknüpft sind
.
© Uwe Spörl / Letzte inhaltliche Änderung am: 09.04.2007
|
|
|
|
|
Poetische Gattungen und Formen der Frühen Neuzeit
|