genus humile
lat.: einfache, niedrige Art (des Stils)
genus humile: (die unterste) Stilebene: einfaches, aufwandloses Stilniveau (zur Vermittlung von
Sachverhalten)
Das genus humile (oder auch:
genus tenue,
genus subtile,
stilus simplex) dient vorrangig der reinen Informationsvermittlung (
docere
docere
Wirkungsprinzip der persuasio: Beeinflussung durch Information und Argumentation
) und hierbei insbesondere der Vermittlung von Beweisen und Argumenten. Dementsprechend
verlangt es eine einfache, nüchterne (
puritas) und deutliche (
perspicuitas) Sprache, die die Sache, von der jeweils die Rede ist, in den Vordergrund treten
lässt. Wichtig ist somit, dass in der
elocutio
elocutio
drittes Produktionsstadium der Rhetorik: Umsetzung des strukturierten
Redestoffes in sprachlichen Ausdruck bzw. Text
auf
Figuren
(rhetorische) Figur
Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der syntagmatischen Ebene
und
Tropen
(rhetorische) Trope
Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der paradigmatischen/semantischen Ebene
und insbesondere auf alle pathetischen Stilmittel verzichtet wird.
Dennoch: Auch das genus humile ist eine Silnorm – und nicht die Abwesenheit von Stil.
In klassischen Reden wird das genus humile immer dann verwendet, wenn (scheinbar)
ohne rhetorischen Aufwand „die Sache für sich sprechen“ kann, wenn also die (z.B.
juristische) Beweisführung oder die (z.B. politische) Argumentation im Vordergrund
steht.
In poetischen/literarischen Texten gilt Ähnliches, wenn etwa – wie in Komödien – einfache
Figurenrede verwendet wird oder – wie in Kinderliteratur – die präsentierten Inhalte
für sich sprechen sollen.
© Uwe Spörl / Letzte inhaltliche Änderung am: 09.04.2007