Ironie: Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch dessen Gegenteil oder Negation
Die Ironie ist eine Trope, die das eigentlich Gemeinte durch eine radikale, weil entgegengesetzte
Abweichung vom Gemeinten und zu Erwartenden ersetzt. Da ihre Wirkung auf Durchschaubarkeit
angewiesen ist, muss diese unbedingt klar erkennbar sein. Der Leser oder Hörer muss
also merken, dass nicht das Gesagte gemeint ist, sondern etwas ganz anderes, das Gegenteil.
Deshalb werden ironische Äußerungen häufig mit so genannten Ironiesignalen verknüpft.
Diese können im Text selbst liegen, etwa als Stilbruch oder gedanklicher Widerspruch,
oder aber in dessen Performanz. Hier besteht die Möglichkeit, die Ironie etwa durch
entsprechende Mimik oder einen ‚ironischen Tonfall’ kenntlich zu machen. Nicht selten
kann die Ironie aber bereits durch gemeinsames Wissen oder durch die am Gegenstand
überprüfbare Unangemessenheit des Gesagten erschlossen werden.
Ironie kann satzübergreifend sein und manchmal sogar ganze Textpassagen bestimmen;
das Gemeinte ergibt sich in diesem Fall erst im Textzusammenhang und kann nicht mit
dem Gegenteil einer einzelnen Äußerung identifiziert werden.
Zudem können traditionell zwei Arten der Ironie unterschieden werden. Die simulatio (lat.: Nachahmung) täuscht etwas vor, zum Beispiel die Übernahme der gegnerischen
Position. Sie tut also, als ob … Dagegen verschleiert die dissimulatio (lat.: Unkenntlichmachen) etwas, zum Beispiel die eigene Position. Sie tut also,
als ob nicht …
Die Ironie ist unterschiedlich verwendbar, in aller Regel bewirkt sie aber den Eindruck,
dass sich der Autor/Sprecher zum ironisch Ausgedrückten in einem distanzierten Verhältnis
befindet. Sie ist also zu humorvoller Milderung des Gemeinten ebenso in der Lage wie
zu Spott und (gerne auch bösartiger, sarkastischer) Kritik.
Dass eine ironische Formulierung eine solche ist, muss – wie bei allen Tropen – erst
einmal erkannt werden. Und das geschieht mitunter unabhängig vom Text durch textexterne
Faktoren, die gleichwohl die Äußerungssituation mit bestimmen. Ein „Hier riecht es
aber gut“ wird zum Beispiel dann ironisch, wenn es offenkundig stinkt – und einen
Wolf als „vortrefflichen Wächter der Schafe“ zu bezeichnen (wie es ein antikes Exempel
für die Ironie tut), kann nur ironisch gemeint sein.
Eine der berühmtesten ironische Formulierungen der Weltliteratur ist die folgende.
Auch sie wird als ironisch markiert durch die häufige Wiederholung in dichter Folge,
vor allem aber natürlich durch die Sachlage, denn natürlich hält Antonius, der hier
spricht, Brutus nicht für einen Ehrenmann, so dass sein wiederholtes
Textbeispiel:
And Brutus is an honorable man.
William Shakespeare: Julius Caesar
Erläuterung:
nur ironisch-sarkastisch gemeint sein kann. In allen bisherigen Beispielen gibt der
Sprecher also vor, dass er etwas meint, dass etwas der Fall ist usw.: Solche Ironie
ist simulativ.
Eine dissimulative Ironie liegt vor, wenn eher verschleiert wird, was der Fall ist.
Und auch hierfür gibt es ein berühmtes Beispiel, das allerdings nicht eindeutig belegt
ist. Jedenfalls sagt man dem antiken Philosophen Sokrates nach, er habe geäußert „Ich
weiß, dass ich nichts weiß“, und zwar um seine jeweiligen Gesprächspartner zu reizen,
eine Position zu beziehen, die er dann – aus der Gegenposition des vorgegebenen Nichtwissens
heraus – widerlegen konnte.