Katachrese

griech.: Missbrauch, Abnutzung
Katachrese:
  1. konventionalisierte bzw. lexikalisierte Metapher
  2. Kombination zweier Tropen bzw. Metaphern, die sich ausschließen: ‚Bildbruch’
Die beiden unterschiedlichen Katachrese-Begriffe haben nur denselben Namen, ansonsten kaum etwas miteinander zu tun.
Wenn lexikalische Leestellen, wie sie etwa von neuartigen (technischen) Gegenständen oder neuen theoretischen Paradigmen hervorgebracht werden, durch tropische, in der Regel metaphorische Ausdrücke geschlossen werden (wie etwa im Fall der Computer-„Maus“) oder wenn ursprünglich tropische bzw. metaphorische Ausdrücke längst in den allgemeinen Sprachgebrauch (wie etwa beim „Tischbein“) eingegangen sind, man also vergessen hat, dass es sich um Tropen handelt, so ist im einen Sinne von „Katachresen“ die Rede. Das Neuartige und Überraschende der Trope/Metapher hat sich ‚abgenutzt’.
Ebenfalls „Katachrese“ nennt man aber auch den Bildbruch, wenn also – mal absichtlich, mal unabsichtlich, immer aber mit komischer Wirkung – mehrere Tropen bzw. Metaphern so miteinander kombiniert werden, dass sie offenkundig nicht zusammenpassen, weil die jeweiligen uneigentlichen Ausdrucksteile miteinander konfligieren.
Erläuterung:
Katachresen als lexikalisierte bzw. im Sprachgebrauch üblich gewordene Metaphern oder Tropen sind an sich wenig aufregend, weil sie ja dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechen. Interessant werden sie aber dann, wenn man erkennt, dass ein vermeintlich gewöhnlicher Ausdruck offenkundig auf eine uneigentliche Redeweise zurückgeht.
Beispiele dafür gibt es in Unmengen, so z. B. die „Maus“ am Computer, das „Tischbein“, das „Begreifen“ von Gedanken, die „Fuchsschwanz“ genannte Säge, der gute „Geschmack“ usw. In der Regel bezeichnen sie etwas, wofür keine anderen geeigneten Ausdrücke zur Verfügung stehen oder standen.
Weil Katachresen und Metaphern so weit verbreitet sind, gibt und gab es immer wieder Sprach- und Kulturtheoretiker mit der Auffassung, dass Sprache grundsätzlich metaphorisch ist, alle Wörter also ‚eigentlich’ Katachresen sind; so z. B. Herder, Nietzsche oder Lakoff.
Katachresen als Bildbruch entstehen in der Regel unfreiwillig, sind aber zumeist immer komisch. Wohl jeder hat sich schon einmal in uneigentlichen Redeweisen verstrickt und Sätze gesagt wie die folgenden ‚Stilblüten’:
Textbeispiel:
Er schenkte reinen Tisch ein.
Textbeispiel:
Ich kann nicht über meine Haut springen.
Erläuterung:
Derlei passierte kürzlich auch der Bildungsministerin aus NRW, Barbara Sommer, die in einem Interview äußerte:
Textbeispiel:
Im Übrigen malt man natürlich jetzt leicht immer den schwarzen Peter an die Wand.
Erläuterung:
Aber natürlich können solche Katachresen auch bewusst (und literarisch) eingesetzt werden, etwa um Figuren (die sie äußern) entsprechend zu charakterisieren. Interessanter sind aber sicherlich die Fälle, wo Autoren tatsächlich mehrere Tropen miteinander verknüpfen, um damit eine (überraschende, pointierte) Aussage zu machen. Derlei findet man zum Beispiel bei Jean Paul, etwa in seinen Aphorismen:
Textbeispiel:
Die Vernunft schlägt Wurzeln in der Mistlache der Leidenschaften.
Jean Paul: Nachlass
Textbeispiel:
Durch die Nacht des Schlafes fliegen schimmernde Insekten von Gedanken und Träumen.
Jean Paul: Nachlass
Textbeispiel:
Durch die Nacht des Schlafes fliegen schimmernde Insekten von Gedanken und Träumen.
Jean Paul: Nachlass

|
|
|
|
|
|
|
|
Katachrese
|
|