Synekdoche: Trope: Ersetzung eines Ausdrucks durch einen semantisch engeren oder weiteren Ausdruck
Anstatt des eigentlichen Ausdrucks wird bei der Synekdoche (betont übrigens auf der
letzten, langen Silbe) ein anderer Ausdruck aus demselben Wortfeld oder Bedeutungszusammenhang
verwendet, und zwar einer, der entweder das Gemeinte mit umfasst oder von diesem mit
umfasst wird.
Die Synekdoche operiert also mit einer im Prinzip reziproken, umkehrbaren Relation,
die in aller Regel auf Beziehungen wie die zwischen Teil und Ganzem, Besonderem und
Allgemeinem, also Klassifikationen oder Gattung-Art-Beziehungen, sowie Einzahl und
Mehrzahl zurückzuführen ist.
Bei der partikularisierenden Synekdoche wird der semantisch weitere Ausdruck durch
einen weniger weiten ersetzt: ein Einzelner/s ersetzt und repräsentiert die Gruppe/Menge,
das Besondere das Allgemeine und der Teil das Ganze. Synekdochen, bei denen der Teil
für das ganze steht, nennt man auch pars pro toto (lat.: der Teil für das Ganze).
Da die Teil-Ganzes-Beziehung weniger eine semantische als vielmehr eine sachliche
ist, müsste das pars pro toto eigentlich der
Metonymie
Metonymie
Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen Ausdruck, der mit ihm in einer
sachlichen Beziehung steht
zugeordnet werden. Traditioneller Weise geschieht dies aber nicht, das pars pro
toto wird vielmehr mitunter als Standard-Fall der Synekdoche angesehen.
Bei der generalisierenden Synekdoche wird umgekehrt ein semantisch engerer Ausdruck
durch einen weiteren ersetzt: eine Gruppe/Menge ersetzt und repräsentiert das/den
Einzelne(n), das Allgemeine das besonder oder das Ganze den Teil (totum pro parte,
lat.: das Ganze für den Teil).
Wie bei allen Tropen sind viele ursprünglich synekdochetische Formulierungen fester
Bestandteil der Umgangssprache, also zu
Katachresen
Katachrese
konventionalisierte bzw. lexikalisierte Metapher Kombination zweier Tropen bzw. Metaphern,
die sich ausschließen: ‚Bildbruch’
ist sicherlich die folgende Eingangspassage aus Jean Pauls Selberlebensbeschreibung anzusehen:
Textbeispiel:
Es war im Jahr 1763, wo der Hubertsburger Friede zur Welt kam und gegenwärtiger Professor
der Geschichte von sich; – und zwar in dem Monate, wo mit ihm noch die gelbe und graue
Bachstelze, das Rotkehlchen, der Kranich, der Rohrammer und mehre Schnepfen und Sumpfvögel
anlangten, nämlich im März;
Jean Paul: Selberlebensbeschreibung
Erläuterung:
Denn was er mit dieser Aufzählung von zurückkehrenden Zugvögeln eigentlich ausdrücken
will, erklärt er im Anschluß selbst, dass nämlich
Textbeispiel:
ich und der Frühling zugleich angefangen.
Jean Paul: Selberlebensbeschreibung
Erläuterung:
Die folgenden Verse aus einem Eichendorff-Sonett realisieren einen
Vergleich
Vergleich
Wort-/Gedankenfigur: nähere Bestimmung eines Gegenstandes durch einen ihm ähnlichen
Gegenstand
(„deiner Augen Sterne“) und eine (wiederum partikularisierende) Synekdoche, mit der
ein beobachtetes Boot durch „Segel“ repräsentiert wird:
Textbeispiel:
Wir sitzen still, gleich Schwänen zieht das Segel,
Ich schau in deiner Augen lichte Sterne,
Du schweigst und schauerst heimlich oft zusammen.
Joseph von Eichendorff: Willkommen, Liebchen ...
Erläuterung:
Ein schönes Beispiel für eine generalisierende Synekdoche – und für die Probleme des
Übersetzens – liefert der folgende Textauszug aus Vergils Aeneis:
Textbeispiel:
Turnus als erster schleuderte eine brennende Fackel.
Publius Vergilius Maro: Aeneis
Erläuterung:
„Fackel“ ist nämlich selbstverständlich das, was der (lateinische Original-)Text meint,
aber eben anders, synekdochetisch, ausdrückt. Im Original heißt es nämlich: „pinu
flagranti“, zu Deutsch: „mit einer brennenden Fichte/Pinie“.