Vergleich

Vergleich: Wort-/Gedankenfigur: nähere Bestimmung eines Gegenstandes durch einen ihm ähnlichen Gegenstand
Unter Verwendung von Vergleichspartikeln (im Deutschen meist „wie“) werden bei einem Vergleich zwei verschiedene Gegenstandsbereiche miteinander verknüpft, die mindestens eine (semantische) Gemeinsamkeit, das so genannte tertium comparationis (lat.: das Dritte des Vergleichs), aufweisen. Eine solche übereinstimmende Eigenschaft kann explizit genannt (z. B. „so groß wie“) oder auch ausgespart und somit implizit sein. Die beiden zu vergleichenden Sachverhalte oder Gegenstände hingegen müssen aufgeführt werden, so dass sich insgesamt eine Struktur wie ‚A wie B (unter dem Vergleichskriterium C)’ ergibt.
Der klassischen Rhetorik gilt die
Metapher
Metapher
Trope: Ersetzung des eigentlichen Ausdrucks durch einen anderen Ausdruck, der mit ihm in einer Ähnlichkeits- oder Analogiebeziehung steht
als verkürzter Vergleich. Und tatsächlich ähneln sich die Figur des Vergleichs und die
Trope
(rhetorische) Trope
Abweichung von der sprachlichen Normalform auf der paradigmatischen/semantischen Ebene
der Metapher durch ihre gemeinsame Bezugnahme auf (z. T. überraschende) Ähnlichkeiten. Im Unterschied zum Vergleich fehlt bei der Metapher jedoch die Vergleichspartikel, so dass der Vergleichsgegenstand mit dem näher zu bestimmenden Gegenstand identifiziert wird und somit der Vergleichsgegenstand das tertium comparationis ersetzt: ‚A ist B, gemeint: C’.
Ziel eines Vergleichs ist in der Regel die Veranschaulichung oder nähere Bestimmung eines Gegenstandes oder Sachverhalts.
Erstreckt sich der Vergleich über längere Textpassagen und nennt dabei mehrere Einzelmomente (A, A’, A’’ etc.), die mit mehreren korrespondierenden Momenten des Vergleichsgegenstandes (B, B’, B’’ etc.) in Verbindung gebracht werden, spricht man von einem Gleichnis.
Erläuterung:
Vergleiche sind insbesondere dann interessant, wenn sie witzig, innovativ oder überraschend sind – was viele Schreiber nicht daran hindert, immer wieder altbekannte Vergleiche zu verwenden. Solche witzigen Vergleiche können natürlich auch außerhalb der Literatur vorkommen, etwa im folgenden aphoristischen Spruch, der in den 80er Jahren auf Buttons aus dem Umfeld der Frauenbewegung zu sehen war. Der Vergleich nennt kein tertium comparationis, man kann aus dem Kontext aber wohl erschließen, dass Frauen Männer genausowenig brauchen können wie Fische Fahrräder:
Textbeispiel:
Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad.
:
Erläuterung:
Der Garant für überraschende Vergleiche in der deutschen Literatur ist sicherlich Jean Paul. Über eine seiner Hauptfiguren heißt es – und hier wird mit „bleirecht“ ein tertium genannt: Wutz
Textbeispiel:
schlichtete seine Schreibbücher so lange, bis ihre Rücken so bleirecht aufeinander lagen wie eine preußische Fronte.
Jean Paul: Leben des vergnügten Schulmeisterlein Maria Wutz in Auenthal
Erläuterung:
Im folgenden Epigramm wird das tertium noch deutlicher ausgeführt: die Gefallsucht, die junge Mädchen treffen kann wie alte Dichter:
Textbeispiel:
Auf die schöne Tochter eines schlechten Poeten.
Der Vater reimt und suchet allen,
Nicht wenig Kennern, zu gefallen.
Die Tochter buhlt: o! straft sie nicht!
Das gute Kind will allen,
Wie ihres Vaters Reim, gefallen.
Gotthold Ephraim Lessing: Sinngedichte
Erläuterung:
Gleichnisse kennt man vor allem aus antiken Texten und aus der Bibel, so etwa das folgende, dem eine komplexe, aber allseits bekannte Analogie zugrundeliegt:
Textbeispiel:
Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, läßt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?
Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.
: Lukas 15, 4-7

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